Human downgrading – Wie Medien uns herabstufen

Das Internet macht uns krank, abhängig und einsam. Autor:innen ergründen in Zeiten der Pandemie die Schattenseiten der Technorevolution.

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Projektion eines Gangsters auf der Wand einer Bauruine an der spanischen Küste. Im Hintergrund der Ort Calpe an der Costa Blanca

Die Kulturtheoretikerin Ingrid Guardiola beschäftigt sich derzeit intensiv mit den Folgen der Pandemie. Sie sagt, die Medien, derer wir uns bedienen, machen aus unserer Panik ein Geschäftsmodell. Das ist viel realer als es uns erscheint, denn es basiert auf unseren Daten. Das einzige Gefühl von Sicherheit verleihe uns die Idee einer globalen Verbundenheit durch eben diese Medien. Und genau das mache uns krank. Das sind provokante Thesen, mit denen die katalanische Autorin („El ojo y la navaja“) aufwartet. Sie steht damit aber nicht alleine. Immer mehr Autor:innen beschäftigen sich mit den Schattenseiten der digitalen Technorevolution.

Schon der Philosoph Immanuel Kant äußerte sich in einem seiner Werke über das Dasein zuhause als etwas, das einhergeht mit einer Freiheit qualvoller Langsamkeit. Er nannte es die letzte Bastion vor der eigenen inneren Leere, dem Nichts. Kant lebte im 18. Jahrhundert. Dieses Konzept steht, laut Ingrid Guardiola, im Gegensatz zu den unterschiedlichen nomadenhaften Identitäten, die wir heute durch den Gebrauch von Smartphones und Tablets anzunehmen begonnen haben.

Erst kam das Fernsehen zu uns nach Hause, dann folgten die Computer, dann schließlich wurden die Bildschirme kleiner und mobiler. Dies ermöglichte uns neue, unterschiedliche Formen neuer Lebensrealitäten. Das Eigenheim ist nicht mehr diese eine in sich abgeschlossene Welt. Und dieser Zustand, der hat sich durch den Zugang zum Internet multipliziert. Für Kant herrschte das Chaos auf den Straßen, die Menschen befanden sich in einem permanenten Dialog. Das Zusammenleben unter den Bürgern musste stets neu ausgehandelt werden. Für Frau Ingrid Guardiola herrscht das Chaos heute auf den Bildschirmen, über die wir mit unseren Fingern streichen.

Die Erfahrung der Covid-Pandemie hat uns gelehrt, dass das eigene Haus längst nicht die sichere Bastion ist, von der der Philosoph einst sprach, sondern für viele eine Art Gefängnis, in dem wir uns alleine und verlassen fühlen. Im Rahmen dieses Alleinseins, dieses Sich-Ausgegrenzt-Fühlens vom Rest der Welt steigt ganz automatisch der Medienkonsum. Hier kommt Ingrid Guardiola auf den Kern ihrer Botschaft. Wir bilden uns eine Meinung über das Weltgeschehen viel eher durch das, was wir im Fernsehen, auf Facebook oder Twitter wahrnehmen, als durch eigenes Erleben.

Für Kant herrschte das Chaos auf den Straßen, für die Autorin herrscht das Chaos heute auf den Bildschirmen, über die wir mit unseren Fingern streichen.

Projektion eines Gemäldes von Caspar David Friedrich auf eine verlassene Bauruine in Spanien mit dem Mittelmeer im Hintergrund
Projektion eines Gemäldes von Caspar David Friedrich auf eine Bauruine in Spanien
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