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Europas Klima in der Krise: Bericht offenbart das Ausmaß der Extreme 2023 – macht aber auch Hoffnung
Europa im Krisenmodus: EU und WMO stellen Bericht über Europas Klima im Jahr 2023 vor
Ein Jahr der Extreme – 2023 zeigte sich in Europa bereits eindrücklich, wie die Klimakrise das Leben der Menschen gefährdet. Zugleich erlaubt die Forschung, sich besser anzupassen.
Wir sind besser informiert denn je, um frühzeitig vor extremen Wetterereignissen zu warnen, die sich infolge der Klimakrise schon jetzt häufen. Das ist das einzig positive Fazit zum Klimabericht für Europa, der am Montag, 22. April 2024, erschienen ist. Im Vordergrund stand aber eine andere, wenig überraschende Erkenntnis: Das Jahr 2023 war in Europa geprägt von weit verbreiteten Überschwemmungen, extremen Hitzewellen, Dürrephasen und großflächigen Waldbränden. Dabei erreichten alle vier Formen von Extremereignissen teils historische Dimensionen.
Den gemeinsamen Bericht European State of the Climate 2023 haben Mitglieder des europäischen Copernicus Climate Chance Service (C3 S) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bereits vergangene Woche in einer Pressekonferenz vorgestellt.
Von „alarmierenden Befunden“ sprach Elisabeth Hamdouch, stellvertretende Leiterin der Copernicus-Abteilung bei der Europäischen Kommission. Sie bezog sich dabei auch darauf, dass 2023 das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Europa war, praktisch gleichauf mit Rekordhalter 2020. Hamdouch betonte jedoch, dass Europa mit Copernicus über außergewöhnliche Fähigkeiten verfüge, die Erde vom Weltraum aus zu beobachten: mit State-of-the-art-Technologie werden dauerhaft Klima-Daten gesammelt und durch Hochleistungscomputersysteme ausgewertet. Diesen Punkt vertiefte Carlo Bountempo, der Leiter des C3 S. Die Gesellschaft verfüge damit über einen nützlichen Werkzeugkoffer, um Strategien für Klimaschutz und -anpassung abzuleiten, sagte er. Dennoch hätten einige Ereignisse des Jahres 2023 selbst die Forschungsgemeinschaft überrascht.
Zehntausende Hitzetote pro Jahr
Den Schwerpunkt legt der Bericht, den C3 S und WMO erstmalig gemeinsam herausgegeben haben, in diesem Jahr auf den Gesundheitsschutz. „Der Fokus auf die menschliche Gesundheit ist ein Hauptanliegen angesichts der beobachteten steigenden Temperaturen“, sagte Chris Hewitt, Leiter des Bereichs Klimadienstleistungen bei der WMO. Er berichtete, in den Sommern 2003, 2010 und 2022 seien jeweils zwischen 55.000 und 72.000 Menschen in Europa an den Folgen von Hitzewellen gestorben. Fünf der 30 schwersten Hitzewellen seit 1950 ereigneten sich den vergangenen drei Jahren.
Europas Gletscher schrumpften in einem Jahr um ein Zehntel
Rebecca Emerton, Klimaforscherin beim C3 S, führte aus: Da Europa sich doppelt so schnell erwärme wie der globale Durchschnitt, habe der Fünf-Jahres-Mittelwert 2023 bereits 2, 3 °C über dem vorindustriellen Niveau gelegen. Europas Gletscher hätten seit 1976 bereits 850 Kubikkilometer an Volumen verloren. Auch 2023 sank die Eismasse in Rekordtempo, die Gletscher der Alpen verloren von 2022 auf 2023 rund ein Zehntel ihres Volumens.
Zusätzlich zu langfristigen Erderwärmung hatte 2023 das zyklische Klimaphänomen El Niño die Temperaturen in vielen Weltregionen erhöht. Ob aber im Spätsommer des gegensätzliche Klimaphänomen La Niña einsetzen und eine vorübergehende Abkühlung bringen werde, lasse sich erst etwas später in diesem Jahr absehen.
Risikomanagement statt Krisenmanagement
„Wir brauchen den Übergang vom Krisenmanagement zum Risikomanagement“ forderte Andrew Ferrone, Leiter des meteorologischen Dienstes der Verwaltung für technische Dienste der Landwirtschaft (ASTA). Hitzewarnsysteme seien lebenswichtig. Allerdings beklagt der Bericht, dass die vergangenen zehn Jahre gezeigt hätten, dass die Öffentlichkeit, gefährdete Gruppen und einige Gesundheitsdienstleister die Hitzerisiken zwar gut kennen, aber diese zu gering einschätzen. Besonders effektiv, um Menschen zu schützen, sind dem Report zufolge Hitzeaktionspläne und ein angepasstes Flächenmanagement, gefolgt von grünen Infrastrukturen, Anpassungen bei Gebäuden und des eigenen Verhaltens.
Als weitere wichtige Maßnahme des Gesundheitsschutzes stellt der Bericht das europäische Ziel der Klimaneutralität heraus und verweist auf den Rekordanteil der Erneuerbaren Energien an der europäischen Stromerzeugung im Jahr 2023. Er lag bei 43 Prozent – teilweise getrieben durch die ansonsten so problematischen Wettereignisse: Die Stürme im letzten Quartal 2023 führten zu sehr viel Windstrom, die überdurchschnittlichen Niederschläge verbesserten in weiten Teilen Europas die Stromerzeugung durch Wasserkraft. Während die Solarenergie im Nordwesten eher unterdurchschnittlich produktiv war, konnte Südwesteuropa hier besonders hohe Erträge verzeichnen.
Klimamaßnahmen sind viel günstiger als Untätigkeit
Celeste Saulo, Generalsekretärin der WMO, fasste den aktuellen Wissensstand mit einfachen, inzwischen vielen von uns vertrauten Worten zusammen: „Die Klimakrise ist die größte Herausforderung für unsere Generation. Die Kosten für Klimamaßnahmen mögen hoch erscheinen, aber die Kosten der Untätigkeit sind viel höher.“