Epigenetik | Das Gedächtnis der Zelle
Epigenetik bedeutet so viel wie Neben- oder Zusatzgenetik. Sie befasst sich mit Strukturen an und neben dem Erbgutmolekül DNA, die beeinflussen, wie gut die Gene abgelesen werden können. Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Alzheimer und Depression können durch epigenetische Veränderungen begünstigt werden.
Epigenetik wird auch als Gedächtnis der Zellen bezeichnet. Denn die Art der Ernährung, die Menge an Sport oder Stress sowie andere Lebensstil-Faktoren und Umwelteinflüsse können epigenetische Markierungen verändern und Zellen nachhaltig umprogrammieren. Epigenetische Veränderungen sind wichtig für die Lebenserwartung, Resilienz, Gesundheit und Persönlichkeit von Mensch und Tier. Sie werden vielleicht sogar an folgende Generationen vererbt. Eine solche transgenerationelle Epigenetik erklärt, warum das Trauma eines Menschen mitunter auch das Erkrankungsrisiko seiner Kinder und Enkel beeinflusst.
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Eine junge Wissenschaft
Als Spezialdisziplin der Genetik erforscht die Epigenetik im Erbgut einer Zelle gespeicherte Anweisungen zur Regulierung der Gene, die zwar die DNA-Sequenz nicht verändern, aber dennoch an Tochterzellen vererbt werden können.
Auch wenn sie noch ein relativ junger Forschungszweig ist, so gilt sie seit einigen Jahren dennoch als wichtiger und gut integrierter Bestandteil der Genetik. Der Begriff Epigenetik selbst wurde in den 1940er Jahren vom britischen Entwicklungsgenetiker Conrad Hal Waddington als Synthese der sehr viel älteren Begriffe Epigenese und Genetik eingeführt. Waddington nahm an, dass jeder Organismus zwar einen bestimmen Satz an geerbten Anlagen besitzt (seinen Genotyp), dass im Laufe der individuellen biologischen Entwicklung daraus aber verschiedener Erscheinungsformen werden können (so genannte Phänotypen).
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Sprache zwischen Umwelt und Erbe
Die Epigenetik bestimmt die Gen-Aktivierbarkeitsmuster der Zellen und kann diese mehr oder weniger fest einfrieren. So entscheidet sie über die Identität der Zellen, beeinflusst ihr Alter und schenkt ihnen ein Gedächtnis. Was die Epigenetik dabei so spannend macht, ist der Umstand, dass diese Muster überschrieben werden können. Sie sind potenziell reversibel.
Rudolf Jaenisch, der bekannte deutschstämmige Stammzellforscher aus Boston, USA, sagte vor mehr als zehn Jahren, die Epigenetik sei „die Sprache, in der das Genom mit der Umwelt kommuniziert“. Der Epigenetiker Moshe Szyf von der McGill University in Montréal, Kanada, ging sogar noch weiter, als er sagte: „Wenn die Umwelt eine Rolle bei der Veränderung unserer Epigenome spielt, dann können wir eine Brücke schlagen zwischen biologischen und sozialen Prozessen. Und das ändert unsere Sicht des Lebens total.“
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Peter Spork ist der Epigenetik-Experte unter unseren Autorïnnen. Der Deutschlandfunk schrieb über ihn, er sei „der Mann, der die Epigenetik populär machte.“ Sein Newsletter Sporks Science News enthält immer auch eine feste Rubrik mit Neuigkeiten zur Epigenetik.
Hintergrund | In das Thema hineinfinden
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Prägung und perinatale Phase
Die Epigenetik erklärt, wie es äußeren Signalen gelingt, das tiefste Innere der menschlichen Physiologie – die Genregulation – mehr oder weniger dauerhaft zu prägen. Damit erklärt sie auch, wie es höhere Lebewesen schaffen, sich sogar binnen kurzer Zeiträume an wandelnde Umweltbedingungen anzupassen. Und sie erklärt, warum die perinatale Phase – die Zeit im Mutterleib und ungefähr im ersten Lebensjahr – so besonders wichtig für die spätere Widerstandskraft eines Menschen ist. In dieser Zeit reifen die meisten Organe, weshalb sie besonders sensibel und tiefgreifend mit epigenetischen Veränderungen auf äußere Einflüsse reagieren.
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