Streeck, Laschet, StoryMachine: Schnelle Daten, pünktlich geliefert

Coronakrise: Wie ein Wissenschaftler zum Kronzeugen für einen raschen Exit wurde. Eine Rekonstruktion von Christian Schwägerl und Joachim Budde

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Das Bild zeigt den Ministerpräsidenten in seinem Büro. Er sitzt am Schreibtisch. Vor ihm ein großer Bildschirm, auf dem der Forscher Streeck zu sehen ist.

Dieser Artikel wurde mit dem Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus 2020 ausgezeichnet.

Am 28. Januar 2020 kurz nach Mitternacht meldet die Deutsche Presseagentur: Ein Virus, das bis dahin nur aus China bekannt gewesen war, ist in Deutschland bei einem 33 Jahre alten Mann festgestellt worden. Der Betroffene, Mitarbeiter des Automobilzulieferers Webasto, hatte sich, wie später ermittelt werden konnte, während einer Schulung bei einer Kollegin aus China angesteckt.

Bis zu diesem Zeitpunkt erschien die Coronakrise, die inzwischen die ganze moderne Zivilisation in die Knie gezwungen hat, als ein chinesisches Problem. Es waren schreckliche Bilder aus der Volksrepublik zu sehen, zahlreiche Tote, überforderte Kliniken, die Stadt Wuhan im Lockdown. Doch Ende Januar kommt die Krise den meisten Deutschen immer noch weit weg vor, der Infektionsfall in Bayern wie ein Einzelfall, wie die Volte eines Virus. Weder aus Italien noch Spanien gibt zu diesem Zeitpunkt Meldungen von Coronafällen und auch das Robert-Koch-Institut schlägt noch keinen Alarm.

In dieser Phase, die heute – nur 74 Tage, aber 123.016 bestätigte Infektionen und 2799 Todesfälle allein in Deutschland später [Stand 13.4.2020] – sehr lange her wirkt, melden sich zwei deutsche Virologen zu Wort. Ihre Namen sind inzwischen Millionen Menschen geläufig.

Der eine, Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité und Autor oder Mitautor von Dutzenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen über Coronaviren, spricht im Interview mit tagesschau.de eine Warnung aus, die nicht härter sein könnte: „Das ganze Medizinsystem in Deutschland muss sich schon jetzt auf eine mögliche Pandemie vorbereiten. Wir müssen unsere Denkweise verändern von ‚wir halten das Virus aus dem Land‘ zu ‚es könnte eine Pandemie auf uns zukommen‘“, sagt Drosten.

Feiern als gäbe es keine Gefahr

Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht Ende Januar selbst noch gar nicht von einer Pandemie, also einer weltweiten Epidemie. Doch am 30. Januar, zwei Tage nach der Meldung aus München, veröffentlicht WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus eine Warnung: Es handle sich nicht mehr allein um ein chinesisches Problem, sondern um „einen öffentlichen Gesundheitsnotstand von internationaler Bedeutung“.

Der zweite Virologe, dessen Namen inzwischen viele Deutsche aus Talkshows, Podcasts und Nachrichtensendungen kennen, kommentiert diese Entscheidung der WHO kurz nach ihrer Publikation auf Twitter mit scharfen Worten.

Hendrik Streeck, ein angesehener Wissenschaftler mit Spezialgebiet HIV/AIDS und seit Herbst 2019 Nachfolger von Christian Drosten auf dem Lehrstuhl für Virologie am Universitätsklinikum Bonn, schreibt: „Ich finde die Entscheidung ist falsch. Nach den bisherigen Daten ist die #influenza dieses Jahr eine größere Gefahr als das neue #coronavirus. Die meisten Menschen scheinen nur milde Symptome zu haben.“

Das Bild zeigt eine Frau, die komplett in medizinische Schutzkleidung aus Plastik gehüllt ist. Man sieht ihre rot lackierten Fingernägel, aber ansonsten wenig. Sie steht vor dem Krankenhaus.
Eine Klinikmitarbeiterin vor dem Maimonides Medical Center in Brooklyn, New York, das zu den Zentren der Corona-Pandemie gehört.
Das Bild zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 9. April 2020 bei der Pressekonferenz im Bundeskanzleramt zu weiteren Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie.
Das Bild zeigt Annette Leßmöllmann im Portrait.
Annette Leßmöllmann, Professorin für Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie, kritisiert die Arbeit von StoryMachine als extrem geschickte Vermischung von PR und Journalismus.
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