Winterblues und Schlafmangel: Warum wir gerade jetzt viel Spazieren gehen sollten

Je kürzer die Tage werden, desto schwächer wird der zentrale Zeitgeber der inneren Uhr des Menschen: das Tageslicht. Gleichzeitig haben wir zum Ende des Jahres oft besonders viel zu tun. Eine gesunde Zeitkultur ist deshalb jetzt besonders wichtig.

27 Minuten
Zwei Spaziergänger gehen auf einem Feldweg an einem Waldrand entlang. Man sieht sie von hinten, Sonnenstrahlen fallen von vorne durch die Bäume.

Fühlen auch Sie sich derzeit überfordert? Die Tage werden kürzer, eine Menge Arbeit muss zum Jahresende noch erledigt werden? Sie schlafen schlecht oder zu wenig? Auch Kleinigkeiten stressen Sie über Gebühr? Was Ihnen helfen könnte, ist eine neue Zeitkultur. Dazu gehört vor allem ein sorgfältiger, biologisch sinnvoller Umgang mit der Zeit. Er sorgt dafür, dass Sie tiefer und erholsamer schlafen und unterstützt Sie nebenbei, körperliche und psychische Anstrengungen besser auszuhalten.

Schon vor fünf Jahren lieferte eine Erhebung der DAK-Gesundheit erschreckende Daten: Vier von fünf Werktätigen in Deutschland klagen demnach über zu wenig oder zu schlechten Schlaf. Am Trend hat sich auch neueren Studien zufolge wenig geändert. Einer der Hauptgründe ist eine falsche Zeitkultur. Unser Umgang mit der kostbaren Ressource Zeit raubt vielen von uns permanent ein Stückchen Schlaf und gefährdet die Gesundheit. Wir leben in einer unausgeschlafenen Gesellschaft.

Es ist mittlerweile ein Luxus geworden, tagsüber einen Spaziergang zu machen und genügend Zeit für Bewegung, soziale Kontakte und eine Lichtdusche zu haben. Mit Lichtdusche ist die intensive Erregung spezieller Lichtsinneszellen des Auges gemeint, die auf Sonnenlicht geeicht sind.

All das ist fatal, denn je kürzer die Tage sind, desto wichtiger wird es, wenigstens ein wenig des auch unter einer dichten Wolkendecke noch kostbaren hellen Lichts abzubekommen. Es synchronisiert unsere innere Rhythmik mit dem realen Wechsel aus Tag und Nacht. Damit sorgt es dafür, dass wir ausreichender, tiefer und erholsamer schlafen.

Dabei wäre es sogar sinnvoll, nicht nur häufiger nach draußen zu gehen, sondern auch noch zur individuell richtigen Zeit. Menschen haben unterschiedliche Chronotypen, sie sind Eulen, Lerchen oder Durchschnittstypen. Licht am Morgen macht uns lerchenhhafter, Licht am Abend verschiebt unseren Rhythmus in Richtung Eule. Je nachdem wie gut unsere Arbeitszeiten oder bei Lernenden die Schulzeiten zu diesen natürlich Aufsteh- und Zubettgehzeiten passen, desto geringer ist etwas, was die Expert*innen „sozialer Jetlag“ nennen. Es ist der Unterschied zwischen dem aufgezwungenen sozialen Rhythmus und dem natürlichen, angeboren Rhythmus der eigenen inneren Uhr. Je größer der soziale Jetlag, desto größer die Gefahr, chronisch zu wenig zu schlafen – und desto heftiger die negativen Auswirkungen der dunklen Jahreszeit.

Die falsche Zeitkultur

Was hilft, ist neben ausgiebigen täglichen Spaziergängen eine allgemeine neue Zeitkultur. Die ganze Gesellschaft würde von einer effektiveren Nutzung der individuellen Chronotypen profitieren. Arbeitgeber sollten ihre Angestellten gemäß dem angeborenen Tempo ihrer inneren Uhren einsetzen: Spätaufsteher – also Eulen – erst ab mittags, Frühaufsteher – also Lerchen – schon ab morgens. Wenn Sie nicht wissen, welchen Chronotyp Sie haben und wie groß Ihr sozialer Jetlag ist, rechne ich beides gerne für Sie persönlich aus.

Die falsche Zeitkultur ist weit verbreitet und macht sich in allen Lebensbereichen bemerkbar: Wir erwarten Höchstleistungen, wenn unser Körper Ruhe erwartet und fahren herunter, wenn wir am leistungsfähigsten sind. Wir essen, wenn unsere Organe fasten wollen und nehmen Medikamente, wenn sie uns mehr schaden als nutzen. Wir suchen das Licht, wenn wir es dunkel brauchen und die Dunkelheit, wenn wir Helligkeit benötigen. Wir ignorieren unser Bedürfnis nach Pausen und Auszeiten.

Kurz: Wir haben verlernt, im Einklang mit der biologischen Taktung zu leben. Dadurch drohen Übergewicht und Krankheit, mangelnde körperliche wie geistige Leistungskraft, hohe Infektanfälligkeit, verringerte Lern-, Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit, fehlende Kreativität und Lebensfreude, Reizbarkeit bis hin zur Depression. Nicht umsonst steigt die Häufigkeit von Stoffwechselkrankheiten und psychischen Leiden in unserer Gesellschaft seit geraumer Zeit an.

Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!