Nach Einlenken Chinas: Weltnaturgipfel findet im Dezember in Kanada statt
Fünfmal wurde der für die Zukunft der Natur entscheidende Weltbiodiversitätsgipfel schon verschoben. Nun lenkt Gastgeber China ein und stimmt einer Verlegung nach Kanada zu
Nach mehrfacher Verschiebung sollen die Verhandlungen über ein weltweites Abkommen zum Schutz der Natur nun statt in China verbindlich im Dezember im kanadischen Montreal stattfinden. Darauf haben sich die Vereinten Nationen und China als eigentliches Gastgeberland der Konferenz nach wochenlangem Ringen am Montag in Nairobi verständigt, wie RiffReporter aus Delegationskreisen erfuhr.
Die auch als Weltnaturgipfel bezeichnete 15. Vertragsstaatenkonferenz (COP15) der Konvention über Biologische Vielfalt (CBD) wird danach nun vom 5. bis zum 17. Dezember in der kanadischen Metropole stattfinden, die auch Sitz des CBD-Sekretariats ist. Ursprünglich sollte der Gipfel schon 2020 stattfinden, um Ziele über zehn Jahre hinweg bis 2030 zu beschließen.
China lenkt nach Druck auch von G7 ein
Offiziell will das Sekretariat die Entscheidung am Dienstag bekanntgeben. China, das seine Grenzen als Teil seiner Null-Covid-Strategie fast vollständig geschlossen hält, hatte nach Angaben aus europäischen Verhandlungskreisen den Organisatoren zuletzt im Mai mitgeteilt, die Konferenz pandemiebedingt erneut nicht wie zuletzt geplant im August abhalten zu können, gleichwohl auf einer Ausrichtung am ursprünglich geplanten Konferenzort Kunming im kommenden Jahr bestanden. Dieses Junktim war bei vielen Regierungen auf Ablehnung gestoßen.
Auch die Ministerinnen und Minister für Umwelt und Klima der sieben führenden Industriestaaten (G7) hatten unter Leitung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in einer gemeinsamen Erklärung darauf bestanden, dass ein globales Naturschutzabkommen noch in diesem Jahr verabschiedet werden müsse und der Gipfel daher nicht abermals verschoben werden dürfe.
Lemke hatte schon in der vergangenen Woche im Gespräch mit RiffReporter eine Verlagerung nach Kanada als gute Lösung bezeichnet. Auch die Führung in Peking trage nun die Entscheidung mit, sagte der gut vernetzte politische Berater von Greenpeace in China, Li Shuo im Gespräch mit RiffReporter. Vereinbart worden sei, dass Peking als Gastgeber auch den Gipfel in Kanada finanzieren werde und die Vorbereitungen eng mit der kanadischen Regierung abstimmen werde.
Montreal so wichtig für die Natur wie Paris für das Klima
Der Gipfel soll ein global verbindliches Rahmenabkommen zum Schutz der Ökosysteme und zur nachhaltigen Nutzung der Natur auf dem Planeten verabschieden. Ihm wird beim Schutz der Lebensgrundlagen auf der Erde eine ebenso große Bedeutung zugemessen wie dem Pariser Klimavertrag. Ein Entwurf sieht unter anderem vor, dass die Verwendung von Pestiziden bis 2030 weltweit um zwei Drittel verringert und die weitere Belastung der Umwelt mit Plastikmüll ganz gestoppt werden soll. Als Schlüsselziel gilt das Vorhaben, jeweils 30 Prozent der Land- und der Meeresfläche des Planeten unter Schutz zu stellen. Zudem sollen die noch bestehenden intakten Ökosysteme und Wildnisgebiete erhalten und gestörte Ökosysteme zu renaturiert werden. Fischfang, Jagd, Landwirtschaft und Waldnutzung sollen nachhaltig umgestaltet und die Umweltverschmutzung durch Schadstoffe massiv verringert werden.
NGOs protestieren gegen Zugangsbeschränkungen
Ab Dienstag setzen Delegationen der mehr als 190 Mitgliedstaaten auf einer weiteren Vorbereitungskonferenz in Nairobi die Vorverhandlungen über den Vertragstext fort, der in Montreal verabschiedet werden soll. Noch vor der offiziellen Eröffnung der zweiwöchigen Konferenz sorgten restriktive Zugangsbeschränkungen für Beobachtergruppen wie Naturschutzverbände und andere zivilgesellschaftliche Gruppen am Montag für einen Eklat.
Nur eine kleine Zahl der eigens nach Nairobi angereisten zahlreichen Mitglieder von Delegationen zivilgesellschaftlicher Organisationen soll nach zuvor nicht mitgeteilten Regeln direkten Zugang zu den Verhandlungen bekommen. „Die späte Mitteilung dieser Beschränkungen hat zur Folge, dass zivilgesellschaftliche Gruppen, die Zeit und in vielen Fällen wertvolle Spendengelder investiert haben, um Vertreter nach Nairobi zu bringen, nur begrenzten Zugang zu diesen Treffen haben werden“, heißt es in einem Protestschreiben, in dem zahlreiche Organisationen von CBD-Exekutivsekretärin Elizabeth Mrema freien Zugang zu den Beratungen fordern. „Ein starker, ehrgeiziger globaler Rahmen für die biologische Vielfalt braucht die aktive, gleichberechtigte und transparente Beteiligung der Zivilgesellschaft“, heißt es darin.
Im Projekt „Countdown Natur“ berichten wir mit Blick auf den UN-Naturschutzgipfel über die Gefahren für die biologische Vielfalt und Lösungen zu ihrem Schutz. Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden von der Hering Stiftung Natur und Mensch gefördert. Sie können weitere Recherchen mit einem Abonnement unterstützen.