Kann der Schreikranich dem Aussterben entkommen?
Neue Zahlen machen für die bedrohte Art Hoffnung – und zeigen, worauf es im Naturschutz wirklich ankommt. Von Cord Riechelmann

Es kommen auch noch gute Nachrichten aus den USA. Wie der U.S. Fish and Wildlife Service (USFWS) zum Jahresende 2018 mitteilte, hat die Zahl der Schreikraniche im und um das Aransas National Wildlife Refuge im Süden von Texas erstmals seit dem 19. Jahrhundert die Zahl von 500 Individuen überschritten. Das macht Hoffnung, dass die dem Aussterben gefährlich nahe Kranichart, die zu den seltensten Vogelarten der Welt zählt, vielleicht doch eine Zukunft in freier Natur hat.
Schreikraniche sind auf zwei Lebensräume angewiesen: ihr Brutgebiet im kanadischen Wood Buffalo National Park und ihr Winterquartier in Aransas. Zwischen beiden Gebieten ziehen sie hin und her. „Aransas-Wood-Buffalo-Gruppe" heißt die Population deswegen.
Genau 505 Whooping Cranes, wie die Kraniche in Amerika heißen, haben die Mitarbeiter des Aransas-Schutzgebietes und die verschiedenen wissenschaftlichen wie freiwilligen und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in der Population gezählt. Und weil das so etwas wie ein Meilenstein beim Versuch, den Schreikraniche zu retten, ist, erscheint die Freude, die Wade Harrell, den Koordinator des Schreikranich-Rettungsprogramms im USFWS, von einem „historischen Hoch“ sprechen ließ, mehr als verständlich.
Die Zahlen zeigen nichts geringeres an als eine Verdopplung der Population seit dem Jahr 2010. Das spricht für den Erfolg eines immens aufwendigen und teueren Rettungsprogramms, das von Zuchtversuchen über Neuansiedlungsprogramme bis eben zum Biotopschutz so ziemlich alles umfasst, was die modernen Biowissenschaften und die Naturschutzbiologie zu bieten haben, um Arten vor dem Aussterben zu bewahren.
Die Küstenlandschaft widerstand dem Hurrikan
Angst um die Zukunft der Art verursachte neben der geringen Größe der Restpopulation in letzter Zeit vor allem der Hurrikan Harvey. Er traf im September 2017 direkt die Marschlandschaften um Aransas. Es war nach der Ölkatastrophe infolge der Explosion der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im April 2010 im Golf von Mexiko die zweite katastrophale Bedrohung der gesamten Golfküste von Texas. Man befürchtete, die Marschlandschaften hätten nachhaltig Schaden genommen und der Kranichbiotop sei stark gestört worden. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall.
Dass um Aransas der Hurrikan so gut abgefedert wurde, hängt mit der Struktur dieser Marschen zusammen. Von zwei langgezogenen, schmalen Inseln, Mustang Island und San Jose Island, werden dabei die Buchten der Metropole Corpus Christi, von Redfish und Aransas bis auf eine Lücke zwischen den Inseln vom Golf abgetrennt. In den Buchten und den Marschlandschaften im Aransas-Schutzgebiet herrscht ein wechselndes Mischverhältnis von Salz- und Frischwasser vor, das die wechselnde Vegetation von langen Gräsern, widerstandsfähigen Kräutern und kleineren Büschen bedingt, wie die Kraniche sie lieben. Für von Hurrikanen angetriebene Fluten bieten diese weiträumigen Buchten mit ihren hineinragenden Vegetationszonen optimale Auslaufflächen, die die Wassermassen sowohl aufnehmen als auch in ihrer Wucht abschwächen können.
Wie effektiv die Sümpfe den Hurrikan entschärft haben, hat besonders für amerikanische Lokalpolitiker in den Küstenregionen eine immense Bedeutung. Bestätigt es doch das Ergebnis einer Studie der Zeitschrift „Nature Climate Change” aus dem Jahr 2013, der zufolge intakte Küstenfeuchtgebiete entlang der Küste von Texas rund 2,4 Milliarden US-Dollar an Eigentum schützen.
Das Argument, dass es beim Naturschutz auch um Eigentumsschutz geht, ist an der texanischen Küste auch für die Bewahrung der Schreikraniche besonders nützlich…
Lesen Sie weiter: Warum Schreikranichfedern einmal wertvoller waren als Gold und wie sich die Art langsam vom Abgrund des Aussterbens entfernt. Einnahmen aus Abonnement und Einzelkauf gehen direkt in unser Projekt „Die Flugbegleiter“ und ermöglichen neue Recherchen. Weitere Infos.

Die örtliche Bevölkerung und die Fischer der Region zeichnet eine konservative Grundhaltung aus, die Unterstützung für US-Präsident Donald Trump, der reihenweise Umweltauflagen lockern läßt oder abschafft, ist groß. Wenn man im Hafen von Rockport spazieren geht, wo die Bootstouren ins Schutzgebiet zu den Kranichen starten, trifft man auf die eng nebeneinanderstehenden Verkaufsbuden der Krabben- und Shrimpfischer. Neben der amerikanischen Flagge hängt da dann oft noch eine zweite, auf der steht: „We support our troops“. Schilder am Eingang der Buden, auf denen versichert wird, dass Ladendiebe hier zu Tode geprügelt werden („shoplifters will be beaten to death“), lassen den europäischen Besucher vor lauter Angst das Geld schon zücken, bevor man überhaupt weiß, was man kaufen will.
Die Naturführer kennen jeden Vogel
Einerseits lassen die Fischer hier keinen Zweifel aufkommen, dass sie den amtierenden Anti-Umwelt-Präsidenten unterstützen. Andererseits aber können sie weder die Folgen der Deepwater-Horizon-Ölkatastrophe noch die des Klimawandels, den der Präsident leugnet, übersehen. Die Fänge werden zudem immer kleiner, ganz gleich wieviel die Menschen hier arbeiten.
Eine alternative Möglichkeit, in Rockport Harbour auch weiterhin Geld zu verdienen, besteht darin, in den Monaten von Dezember bis März Ausflugsfahrten zu den Kranichen, die Whooping Crane Boat Tours, anzubieten. Und die sind nicht nur wegen der Kraniche ein Hit. Der gesamte texanische Küstenstreifen am Golf von Mexiko ist in den Zugvogelzeiten ein Hotspot der Artenvielfalt, und auf den Touren sieht man nicht nur Vögel. Morgens kann man dort auch Kojoten nach Mäusen beim Jagen beobachten. Im Wasser spielen regelmäßig Schulen von Delfinen so seelenruhig vor sich hin, dass es dann trotz der komplett industrialisierten Landwirtschaft im Binnenland einen kleinen Moment nach Idylle riecht.
Vom Boot aus sind die weißen Vögel mit ihren schwarzen Strich am Schnabelgrund sehr gut zu sehen, obwohl sie durchaus auf Abstand achten. Weil alle Kraniche bis in ihre Individualgeschichten bekannt und über ihre Ringe an den Beinen auch identifizierbar sind, können die Guides oft auch Geschichten über die Lebensläufe der Tiere erzählen. Meist treten sie zu zweit als Paar auf. Manchmal haben sie noch ein Jungtier aus demselben Jahr dabei, das man sehr gut am fehlenden schwarzen Gesichtsstrich erkennen kann.
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Was sich in den trockenen Zahlen allerdings nicht ausdrückt, sind die Anstrengungen, die für diese kleinen Erfolge unternommen worden sind. Es handelt sich hier nämlich um einen der bestdokumentierten Fälle einer Arterhaltungskampagne überhaupt. Deshalb kann der Kampf um die Schreikraniche auch als ein Lehrstück gelesen werden.
Zuerst wurden die Brutgebiete in Kanada ebenso wie das Winterquartier in Texas vermessen. Die Zugroute wurde akribisch nachverfolgt und beschrieben. 2500 Meilen ist sie lang und die Rastgebiete der Kraniche während ihres etwa vier Wochen dauernden Zuges wurden ebenso genau studiert. In einem zweiten Schritt hielten Naturschützer dann entlang der Zugroute Seminare und Aufklärungsabende für Jäger ab, die sicherstellen sollten, dass die großen weißen Vögel nicht aus Versehen abgeschossen wurden. Das Ganze ging sehr früh mit Überlegungen einher, die Reproduktion der Kraniche künstlich zu unterstützen. In diesem Zusammenhang versuchte man, sich das Phänomen zunutze zu machen, dass die Kraniche immer zwei Eier legen, aber nur eines ausbrüten.
Zwischen 1976 und 1989 wurden in Idaho im Zuge eines Experiments insgesamt 289 Schreikranicheier in die Nester von wilden Kanadakranichen (Greater Sandhill Cranes), gelegt. Aus den Eiern wuchsen 89 Schreikraniche heran, die es vermochten, sich komplett in das Leben der Kanadakraniche zu integrieren. Sie flogen mit ihren Zieheltern von Idaho in das Winterquartier nach New Mexiko, teilten ihre Nahrungsgründe wie ihre Nahrungsgewohnheiten. Nur waren sie leider auch sexuell komplett auf das Verhalten der Kanadakraniche geprägt worden und vermieden es, Schreikranichpaare zu bilden, die der Arterhaltung hätten dienen können. Deshalb wurde das Experiment 1989 beendet.
Fast zwangsläufig führte dieser Misserfolg zu der Überlegung, die zweiten Eier lieber künstlich auszubrüten und die Küken von Menschenhand groß zu ziehen. Seit 1993 gelang es auf diesem Weg, kleine Gruppen von Schreikranichen in zwei Gebieten in Florida zu etablieren. In der Kissimmee Prairie blieben die Tiere Standvögel, die Population wuchs nie über 25 Vögel hinaus, aktuell liegt die Zahl laut einem Bericht der Tampa Bay Times bei 14 Tieren, weshalb der Fish and Wildlife Service überlegt, sie nach Louisiana umzusiedeln. Bei der zweiten Population wurde versucht, ihnen mit Ultraleichtflugzeugen den Zugweg zu zeigen und sie vom Brutgebiet ins Winterquartier und zurück zu führen. Der Aufwand steht allerdings auch hier in keinem Verhältnis zum Erfolg.
Das simple und einzige Rezept des Erfolgs: Schutz der Lebensräume
Der Wissenschaftsautor Peter Matthiessen hat sich bereits in seinem 2007 auf deutsch erschienenem Buch „Könige der Lüfte. Reisen mit Kranichen“ (Original: „The Birds of Heaven“, 2002) kritisch mit künstlichen Ansiedlungsversuchen auseinandergesetzt. Er sieht Hoffnung nur für die einzige sich selbst reproduzierende Population der Kraniche, die „Aransas-Wood-Buffalo-Gruppe“. „Die unbändige Lebenskraft dieser Spezies lässt hoffen, dass sie vielleicht durchhält, aber überleben kann sie nicht ohne die tatkräftige Unterstützung und das Engagement derjenigen Art, die sie überhaupt erst an den Rand der Ausrottung gebracht hat“, schreibt Matthiessen über uns Menschen.
Die neuen Zahlen zum steigenden Bestand der Art scheinen dies zu bestätigen. Und bei aller Faszination für aufwändige reproduktionsbiologische Verfahren zeigt das Beispiel der Schreikraniche als große Lehre: Die beste Methode zum Schutz einer bedrohten Art besteht immer noch im Schutz ihrer Lebensräume.
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