Klimaschutz mit Komfort: Mehr Nachtzüge braucht das Land!

Von der Flugscham zur Reiselust: Wie großartig es wäre, über Nacht durch ganz Europa reisen zu können

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Ein Zug fährt Abends vom Bahnhof ab. Die Belichtungszeit ist hoch, darum ist der Zug geisterhaft zu erkennen und seine Beleuchtung zieht nach.

Dass schon eine einzige Flugreise mehr erderhitzendes Kohlendioxid freisetzt als die meisten anderen Dinge, die man im Alltag so tut in einem ganzen Jahr, hat sich inzwischen herumgesprochen. Der positive Umkehrschluss: Keine andere Verhaltensänderung bringt pro Kopf so viel für den Klimaschutz wie vom Flugzeug auf ein umweltfreundliches Verkehrsmittel umzusteigen.

Aber was soll man tun, wenn einen die Flugscham respektive die Liebe zum gewohnten temperierten Klima unserer Breiten packt?

Eine wachsende Zahl von Menschen wünscht sich, auch längere Reisen mit dem Zug zurückzulegen statt mit dem Flugzeug. Ebenso groß ist aber der Wunsch, für solche Reisen nicht ganze Arbeits- oder Geschäftstage zu opfern. Die Lösung liegt auf der Hand: Nachtzüge.

„Vor dem Hintergrund der ganzen Klima-Geschichte ist die Nachfrage nach Nachtzügen generell spürbar gestiegen„, sagt Siegfried Klausmann, Geschäftsführer des auf Bahnreisen spezialisierten Reisebüros „Gleisnost“ in Freiburg. Die Menschen seien „zunehmend bereit, dafür auch ein bisschen mehr als für den Billig-Flug zu bezahlen.“

„Gerade in den letzten Monaten sehen wir ein weiteres Wachstum“ in der Nachfrage nach Nachtzugreisen, sagt Bernhard Rieder von den Österreichischen Bundesbahnen. Die ÖBB rechneten für das Jahr 2019 auf einzelnen Linien mit bis zu zehn Prozent mehr Fahrgästen als im Vorjahr. Der Leiter des Fernverkehrs der ÖBB, Kurt Bauer, sagte Ende September bei einer Veranstaltung der „Allianz pro Schiene“ in Berlin: „Wir spüren eindeutig einen Greta-Effekt.“

Der Ausstieg der Deutschen Bahn war ein kapitaler Fehler

Hinzu kommt, dass auch größere Institutionen beginnen, ihren Angestellten nahezulegen oder vorzuschreiben, auf das Fliegen zu verzichten. So fordert etwa die Berliner Humboldt-Universität ihre Mitarbeiter seit September auf, bei „Reisen unter 1000 Kilometer Entfernung, sofern diese mit der Bahn in weniger als 12 Stunden abgeschlossen werden können“, auf das Fliegen zu verzichten.

Aufnahme aus der Kabine eines Passagierflugzeugs.
Wer will seinen Tag eng eingequetscht in einer fliegenden Röhre beginnen und dabei tonnenweise Treibhausgase freisetzen? Erstaunlich viele Menschen. Dabei gäbe es Alternativen.
Ein modernes Schlafabteil in einem Zug mit vier Betten. Zwei auf normaler Höhe, zwei weiter oben an der Wand befestigt. Alles ist in eher schlichten Grautönen gehalten.
So sollen die neuen Nachtzüge der Österreichischen Bundesbahnen aussehen, die planmäßig Anfang 2022 in Betrieb gehen werden.
Aufnahme aus einem Waggon des Orient Express.
Ein bisschen Luxus darf sein, wenn man über Nacht unterwegs ist. Es muss ja nicht gleich das Niveau des Orient Express erreicht werden, aber eine Bar, Dusche für alle und natürlich ein Sternendach sollten beim Nachtzug der Zukunft dazugehören.
Eine Grafik zu gewünschten Nachtzugzielen.
1. Paris. 2. Rom. 3. Barcelona. 4. London. 5. Stockholm.
Diese Städte wünschten sich unsere Leserinnen und Leser am häufigsten als Destinationen für neue Nachtzugverbindungen.
Grafik der meistgewünschten Nachtzugverbindungen: 1. Berlin – Paris. 2. Berlin – Brüssel. 3. Berlin – Istanbul. 4. Frankfurt – Barcelona. 5. Hamburg – London.
Diese neuen Verbindungen hätten unter unseren Leserinnen und Lesern den meisten Zuspruch.
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