- RiffReporter /
- Wissen /
Zoo-logisch: Faszinierende Tier-News von wandernden Korallen bis zur Darth-Vader-Assel
Zoo-logisch: Wenn Korallen auf Wanderschaft gehen und Asseln die Namen von Finsterlingen tragen
Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen: Die Tier-Reporter berichten in ihren News über Korallen mit Sprungvermögen, eine neu entdeckte Riesenassel und das Leben mit Tigern in dichtbesiedelten Regionen. Außerdem: eine neue Pottwal-Doku und ein virtueller Zoo in Wien.

Zoo-logisch – die News-Rubrik der Tier-Reporter. Heute mit folgenden Themen:
Erforscht: Korallen auf Wanderschaft | Entdeckt: Riesenassel namens Darth Vader | Empfohlen: Pottwal-Dokumentation und ein virtueller Zoo in Wien | Erfreulich: In Indien wächst die Tigerpopulation
Erforscht: Korallen auf Wanderschaft
Korallen sind faszinierende Lebewesen: Sie haben die größten Bauwerke der belebten Natur errichtet: etwa das Great Barrier Reef vor der australischen Küste mit einer Länge von über 2.000 Kilometern. Zugleich gelten sie als sogenannte niedere Tiere, denn sie haben kein zentrales Nervensystem und kein Gehirn. Ihr Leben verbringen sie überwiegend fest verankert an einem Ort. Nur die Larvenstadien sind für einige Zeit mobil. Mit den Meeresströmungen treiben sie umher, bis sie sich schließlich in einen Polypen verwandeln und an einem festen Platz verankern. Dort – etwa im Korallenriff – verbringt das Tier den Rest seines Lebens. Allerdings gilt das nicht für alle Korallenarten. Einige sind in der Lage, umherzuwandern. Einen Marathon schaffen sie nicht, aber sie können Millimeter für Millimeter auf Lichtquellen zuwandern. Das stellte jetzt das Forschungsteam um Brett M. Lewis von der Queensland University of Technology im australischen Brisbane fest. Die Forschenden haben Cycloseris cyclolites untersucht. Die Art gehört zu den Pilzkorallen, ohnehin eine etwas spezielle Familie innerhalb der Steinkorallen: Die erwachsenen Tiere sind nicht mit dem Untergrund verwachsen, sondern leben als Einzelpolypen auf dem Meeresboden. Man wusste bereits, dass sie in der Lage sind, sich durch Kontraktionen von Sand und Sediment zu befreien. Was die Forschenden jetzt herausfanden, geht aber noch weiter. Im Aquarium haben sie die Korallen von unterschiedlichen Seiten mit blauem und weißem Licht bestrahlt – und dabei eine eindeutige Vorliebe von C. cyclolites festgestellt: 87 Prozent der Korallen bewegten sich auf das blaue Licht zu, nur 13 Prozent zog es zum weißen Licht. Die Korallen kriechen dabei nicht kontinuierlich, sondern sie blasen sich quasi auf, ziehen ihr Gewebe zusammen und „springen“ dann in eine Richtung. Dieses gepulste Aufblähen halten sie für ein bis zwei Stunden durch, danach folgt eine längere Ruhepause. Im Schnitt legten sie bei den Versuchen im Aquarium rund 44 Millimeter pro Tag zurück, als maximale Strecke errechneten die Forscher 220 Millimeter in 24 Stunden. Trotz dieser relativ geringen Distanzen gehen die Forschenden davon aus, dass die Tiere im Meer so besser geeignete Lebensräume erreichen können, etwa tiefer gelegene Sandbänke, die sich in Zeiten des Klimawandels nicht so drastisch erwärmen wie das Wasser direkt an der Oberfläche.
Entdeckt: Eine Riesenassel namens Darth Vader
Sie ist so groß wie ein Laib Brot, über ein Kilogramm schwer und stammt aus dem Südchinesischen Meer unweit der Spratly-Inseln: die neu entdeckte Riesenassel Bathynomus vaderi. Aufgespürt und im Fachjournal „ZooKeys“ erstmals vorgestellt hat das Tier die Forschergruppe um den Biologen Thanh Son Nguyen von der vietnamesischen Universität Hanoi. Die Forschenden fühlten sich bei genauerer Betrachtung des Assel-Gesichts an den Bösewicht Darth Vader aus der Filmreihe Star Wars erinnert. Daher der Artname vaderi. Die außergewöhnlich große Asselart lebt in der Tiefsee im Bereich zwischen 800 und 1200 Metern Tiefe. Riesenasseln sind äußerst wichtig für dieses Ökosystem, weil die Krustentiere die toten Überreste von Walen, Kraken und anderen Tieren fressen. Ähnliche bislang bekannte Riesenasseln gelten in Asien als Delikatesse. Ihr Fleisch soll besser als das von Hummern schmecken. Doch Fachleute warnen vor dem Verzehr, weil die Tiere große Mengen an Schwermetallen und Schadstoffen enthalten könnten.



Empfohlen: Pottwal-Doku „Abtauchen mit Giganten“
Im vergangenen Newsletter empfahlen wir die preisgekrönte Doku „Patrick and the Whale“ über die Pottwal-Mama Dolores und ihre Familie (bis 4. März in der arte-Mediathek). Wer sich dabei in die sensiblen Riesen der Meere verliebt hat, kann nun in der ARD-Mediathek bei der neuen NDR-Doku „Abtauchen mit Giganten“ weiter schwärmen. Sie wurde vor Mauritius gedreht, zeigt ebenfalls bewegende Bilder von Pottwalen beim Tauchen, beim Kuscheln, beim Säugen und Schlafen – ist allerdings von der Erzählweise her ein ziemliches Kontrastprogramm. Im dokumentary raw style – sprich: live und ungefiltert – erzählen die jungen Schweizer Freitaucher und Naturfilmer Martina Andrés und Manuel Spescha, was sie im Wasser mit den Tieren erleben und fühlen, und das ist wahlweise „unglaublich“, „geil“ oder „mega surreal“. Man lernt ihre Kapitäne und deren Insta-Storys kennen, erfährt, warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben und warum sie sich so aufregen über Touristïnnen, die „für das ultimative Urlaubserlebnis“ viel zu nah an die Pottwale heranschwimmen oder die Tiere gar berühren. Doch wie ist das beim Filmen so mit der Distanz zum lebenden Objekt? Auch da sind die beiden vor der Kamera ganz offen: „Es ist ein Thema, wo man als Wildtierfilmemacher immer eine Gratwanderung macht. Weil im Endeffekt braucht man gewisse Aufnahmen, um den Menschen die Tiere näher zu bringen. An Land geht das mit langen Linsen, im Wasser musst du nah ran, es geht nicht anders.“ Liebhaberïnnen klassischer Tierdokus werden beim Zugucken und Zuhören sicher so manches Mal zucken. Gleichzeitig erlaubt „Abtauchen mit Giganten“ seltene Einblicke in den Alltag von Naturfilm-Drehs – und in Kombination mit „Patrick and the Whale“ auch darauf, wie sich das Spektrum des Genres stetig weitet.
Empfohlen: Virtueller Zoo in Wien
Wer nach einer außergewöhnlichen, multimedialen Ausstellung über Tiere und deren Lebenswelten sucht, wird von der gerade eröffneten Ausstellung „Planet der Tiere“ in Wien begeistert sein. Mit modernen technischen Mitteln und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz entstand ein virtueller Zoo, bei dem die Besucherinnen und Besucher mit den Projektionen interagieren können. So reagiert ein virtueller Elefant, dem man die Hand reicht, indem er einem seinen Rüssel entgegenstreckt. Animierte Delphine lassen sich zu Sprungkapriolen anregen. Ein Fischschwarm nimmt Reißaus, sobald man sich dem Film nähert. Auf mehr als drei Etagen und 1100 Quadratmetern lässt sich eine Reise durch sehr unterschiedliche Tier- und Pflanzenwelten erleben. Die Ausstellung im neuen Wiener Immersium, die zusammen mit dem WWF und dem ORF entwickelt wurde, ist noch bis Ende April zu sehen.

Erfreulich: In Indien wächst die Tigerpopulation trotz dichter Besiedlung
Wo viele Menschen leben, müssen Tiere meist weichen. Vor allem wenn es sich um große Beutegreifer handelt. So erging es auch den Tigern in Asien. In den vergangenen Jahrzehnten sind die Bestandszahlen der Großkatzen derart eingebrochen, dass heute nur noch von etwa 5600 wildlebenden Tigern weltweit ausgegangen wird. Doch nun scheint zumindest in Indien die Abwärtsspirale gestoppt, dort nehmen die Bestände wieder zu. Was sich in Prozentzahlen gigantisch anhört – ein Zuwachs um 30 Prozent innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte – relativiert sich, wenn man auf die absoluten Zahlen blickt: Derzeit leben in Indien geschätzt um die 3700 Tiger. Trotzdem: Dass die Population wächst, obwohl auch die menschliche Bevölkerung zunimmt, ist eine überraschende und sehr erfreuliche Entwicklung. Woran das liegt, hat nun ein indisches Forschungsteam ermittelt und die Ergebnisse seiner Untersuchung in „Science“ veröffentlicht. Indien kombiniert zwei Strategien, die sonst nur als Entweder-oder vorkommen: Entweder leben schutzbedürftige Tiere in Reservaten, die nicht besiedelt werden. Sind diese Lebensräume allerdings zu klein, können die Bestände nicht wachsen. Oder sie teilen sich ihren Lebensraum mit Menschen in einer Art Koexistenz, in der es immer wieder zu heftigen Konflikten kommt. Werden beide Maßnahmen aber kombiniert, ergeben sich positive Effekte – und die scheinen die Tigerbestände wieder wachsen zu lassen. Denn die Lebensräume der Tiger bleiben auf diese Weise großräumig, Wanderungen der Tiere sind möglich. Kommt es in den gemeinsam besiedelten Gegenden zu Konflikten, bilden die Reservate eine Ausweichmöglichkeit für die Tiger – sie müssen nicht komplett weichen. Grundlage dafür ist allerdings der Wille der indischen Bevölkerung, mit den Großkatzen zu leben – und ein gewisser wirtschaftlicher Wohlstand. Denn Viehhalterinnen und Farmer müssen Ausgleichszahlungen für gerissene Nutztiere bekommen, damit sie die Tiger in ihrer Nähe tolerieren können. So ist in ärmeren Gegenden die Akzeptanz der Bevölkerung laut der Studie deutlich geringer, und dort gibt es auch keine Zunahme der Tigerbestände.
Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen.
So lautet das Motto der Tier-Reporter, einem Recherchekollektiv der Riffreporter.
Wie leben die anderen Tiere auf diesem Planeten? Was haben wir Menschen mit ihnen gemein? Können sie mit uns zusammenleben? Das fragen die erfahrenen Journalistïnnen des Teams, allesamt Expertïnnen für Zoologie in ihren Reports und Reportagen – und in diesen regelmäßig erscheinenden News.
Gefallen Ihnen diese Meldungen?
Sie stammen aus unserem Newsletter, dem Tier-Report. Melden Sie sich gern für das regelmäßig erscheinende kostenlose Angebot der Tier-Reporter an.