Zoo-logisch: Warum Wale ihre Routen ändern und Ringelwürmer sich nach Vollmond paaren

Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen: Die Tier-Reporter berichten in ihren News über drei Tiere des Jahres 2025, Auswirkungen des Klimawandels auf Finn- und Blauwale sowie die Monduhr eines Wurms. Außerdem: Tipps zu einem Gedächtnisspiel und einer TV-Doku über Schnee.

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Blick von oben: Ein schlanker großer Wal taucht aus dem Ozean auf und zerschneidet mit seinem Kopf die Wasseroberfläche.

Zoo-logisch – die News-Rubrik der Tier-Reporter. Heute mit folgenden Themen:

Erforscht: Verändert der Klimawandel die Wanderrouten von Blauwalen? | Entdeckt: Ringelwurm mit Monduhr | Empfohlen: Schnee und Tier-Memory | Erfreulich: Mehr Aufmerksamkeit für gefährdete und nützliche Arten

Erforscht: Verändert der Klimawandel die Wanderrouten von Blauwalen?

Die Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen gilt als Tor zur Arktis – und als eine Art Buffet für Wale und andere Tiere. Warmes Wasser aus dem Atlantik strömt durch die 500 Kilometer breite Meerenge in den Arktischen Ozean. Hier kühlt es ab, sinkt zu Boden und fließt in der Tiefe wieder zurück in den Atlantik. Nährstoffe aus tieferen Wasserschichten gelangen an die Oberfläche.

Wenn im Frühjahr die Sonne auf das eisige Wasser scheint, explodiert das Leben: Winzige Algen, das Phytoplankton, stehen am Anfang der Nahrungskette. Sie ernähren ganze Schwärme von kleinen Krebstieren. Robben-, Fisch- und Vogelarten hängen von solchen Krillschwärmen ab. Und auch Blau- und Finnwale werden angelockt. Pro Tag frisst ein Blauwal mehr als vier Tonnen Krill.

Eine neue Studie im Fachmagazin PLOS ONE hat jetzt die Wanderung der Blau- und Finnwale durch die Framstraße untersucht. Forschende des Alfred-Wegener-Instituts belauschten die Meeressäuger über mehr als neun Jahre hinweg mit fest installierten Unterwassermikrofonen.

Erwartungsgemäß ziehen die Tiere im Sommer und Herbst weit in den Norden, um zu fressen. In den vergangenen Jahren allerdings waren dort vereinzelt auch in den Wintermonaten Rufe von Blauwalen zu hören. Ein überraschendes Ergebnis, denn eigentlich verbringen die Tiere den Winter in wärmeren Gewässern, wo sie ihren Nachwuchs zur Welt bringen. Nur wenige Walarten – etwa Grönland- und Narwale – bleiben das ganze Jahr über im hohen Norden.

Die Forschenden vermuten, dass der Klimawandel dafür verantwortlich ist, dass die Blauwale ihr Verhalten ändern: Wenn die Wassertemperaturen in der Framstraße wärmer werden und das Meereis zurückgeht, finden dort die Wale auch im Winter ausreichend zu fressen.

Was diese Veränderungen für das sensible Ökosystem der Arktis bedeuten, ist noch unklar. Das Gleichgewicht zwischen verschiedenen Walarten verschiebt sich. Und auch der Mensch dringt immer weiter in den einst eisigen Ozean vor: Schifffahrt und Fischerei in der Arktis nehmen zu.

Entdeckt: Ringelwurm mit Monduhr

Unsere Entdeckung handelt von einem unscheinbaren Meeresringelwurm mit einer sonderbaren Eigenschaft: Will der Wurm namens Platynereis dumerilii sich fortpflanzen, folgt er einem inneren Kalender. Das Licht des Vollmonds sorgt dafür, dass Männchen und Weibchen gleichzeitig geschlechtsreif werden. Ein paar Tage nach Vollmond, also in der abnehmenden Mondphase, kommt es dann zur Paarung.

Die Tiere haben sich synchronisiert, mithilfe ihres Kalenders. Mit Esoterik hat das alles nichts zu tun, im Gegenteil: Die Erforschung der Monduhr ist beinharte Wissenschaft. Sie ist nur noch nicht sehr weit verbreitet.

Eine der Wissenschaftlerïnnen, die diese lunaren Rhythmen im Tierreich untersuchen, ist die Wiener Chronobiologin Kristin Tessmar-Raible. Sie erforscht den Platynereis-Wurm und ist zuletzt der Frage nachgegangen, wie das Tier es schafft, Sonnen- von Mondlicht zu unterscheiden. Manche Populationen leben ja metertief am Meeresgrund.

Mit ihrem Team hat Tessmar-Raible ein Protein im Wurmorganismus entdeckt, das als Lichtrezeptor dient. Mithilfe eines Co-Faktors kann dieser Sensor das einfallende Licht nicht nur wahrnehmen, sondern auch interpretieren. Es sagt dem Wurm also, wann die Sonne scheint und wann der Vollmond leuchtet.

Das klappt sogar, wenn der Meeresringelwurm zwei oder drei Monate lang im Dunkeln gehalten wird. Solange er sich danach wieder synchronisieren kann, bleibt sein Kalender intakt. Im Juli dieses Jahres hat Tessmar-Raible einen Übersichtsartikel veröffentlicht, in dem sie noch von weiteren mondgesteuerten Tieren berichtet, darunter Meeresschildkröten. Gorillas und Korallen. Und selbst der Mensch scheint lunare Rhythmen zu kennen, aber bei dieser Frage steht die Forschung noch ganz am Anfang.

Empfohlen: Alles über Schnee in der ARD-Mediathek

Für alle, die es vor dem ersten Wintereinbruch ganz genau wissen wollen, hat „Planet Wissen“ eine tolle Sendung im Angebot: In „Schnee – Warum er für uns und die Natur so wichtig ist“ werden viele Aspekte präsentiert, von der Form der Schneeflocken über Kunstschnee und das Klima bis zu Tieren, die sich wie die Rentiere auf die kalte Jahreszeit spezialisiert haben. Nicht zuletzt gibt es auch eine Antwort auf die alles entscheidende Frage: War früher nun mehr Schnee oder doch nicht?

Geschenktipp: Tier-Memory

Suchen Sie noch ein Geschenk für jemanden, der Tiere und Spiele liebt? Dann haben wir was für Sie: das Memospiel „Krake beim Schneider“. Dabei muss man nicht nur passende Bilder finden, sondern auch passende Reime. Erst dann, wenn Bild und Text übereinstimmen, ist ein Memory-Pärchen aufgedeckt – was gar nicht so einfach ist. Denn manchmal reimt sich etwas, aber die Tiere passen nicht. Oder umgekehrt.

Ein Beispiel: Auf einem Kärtchen diniert eine Scholle, schön gesittet am Tisch mit Messer und Gabel. Der Text dazu heißt: „Scholle satt“. Darauf reimt sich jetzt einiges aus dem Spiel, etwa: „Waschbär platt“. Aber trotzdem ergibt das kein Paar, weil Scholle und Waschbär nicht zusammengehören. Der Waschbär braucht das Pendant „Wäsche glatt“ und die Scholle „Trotzdem platt“. So geht das über 72 Karten, allesamt quietschbunt gezeichnet und originell betextet von der Illustratorin Nadia Budde aus Berlin.

Zwei Frösche – oben ein blauer, unten ein brauner – sitzen aufeinander und schauen mit den Köpfen aus dem Wasser heraus. Vor ihnen treibt Laich im Wasser.
Der Moorfrosch (Rana arvalis) wurde von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde zum Lurch des Jahres 2025 gekürt. Hier paaren sich zwei Exemplare. Während der Laichzeit sind die Männchen intensiv blau gefärbt.
Ein weißer Hase sitzt auf einem Erdwall.
Der Alpenschneehase (Lepus timidus varronis), hier im weißen Winterfell, ist das Tier des Jahres 2025. Im Sommer ist das extrem bedrohte bedrohte Tier graubraun.

Erfreulich: Mehr Aufmerksamkeit für gefährdete und nützliche Arten

Was haben der Moorfrosch, die Holzwespen-Schlupfwespe und der Alpenschneehase gemein? Ihnen wird dieser Tage besonders viel Aufmerksamkeit zuteil, weil sie in ihrer jeweiligen Kategorie zum Tier des Jahres gewählt wurden.

Rundum erfreulich ist das nur bei der Schlupfwespe, denn sie ist nicht bedroht und hilft auf natürlichem Weg der Holzwirtschaft. Die schwarzen, gestreckten Weibchen mit den weißen Tupfen an der Seite und orangefarbenen Beinen haben am Ende des Hinterleibs einen langen Legebohrer. Damit legen sie ihre Eier in tief im Holz lebende Larven der Holzwespen ab. So bleibt das Ökosystem im Gleichgewicht, denn die Schlupfwespen sorgen dafür, dass der Schädling nicht überhandnimmt.

Den Titel als Insekt des Jahres hat die Holzwespen-Schlupfwespe (Rhyssa persuasoria) also mehr als verdient. Sie erkennt befallene Bäume am Geruch von Pilzen, die wiederum den Holzwespen helfen, Holz abzubauen. Offenbar hat die Schlupfwespe eine Menge zu tun, denn sie gilt als verbreitet.

Ganz anders bei den weiteren Tieren des Jahres 2025. Sowohl der Alpenschneehase (Lepus timidus varronis), von der Deutschen Wildtierstiftung zum Tier des kommenden Jahres gekürt, als auch der Moorfrosch (Rana arvalis), der seinen Titel als Lurch des Jahres 2025 der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde verdankt, sind extrem bedroht. Alles, was das Scheinwerferlicht der medialen Öffentlichkeit ein wenig mehr auf diese Organismen lenkt, hilft dem Artenschutz.

Wir Tier-Reporter planen, vermehrt solche wunderbaren Tiere zu porträtieren. Weil wir das aber wissenschaftlich korrekt und mit dem für RiffReporter typischen Tiefgang machen möchten, lassen wir uns dafür Zeit. Schreiben Sie uns gern an , mit welchem der Tiere des Jahres wir beginnen sollen.

Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen.

So lautet das Motto der Tier-Reporter, einem Recherchekollektiv der Riffreporter.

Wie leben die anderen Tiere auf diesem Planeten? Was haben wir Menschen mit ihnen gemein? Können sie mit uns zusammenleben? Das fragen die erfahrenen Journalistïnnen des Teams, allesamt Expertïnnen für Zoologie in ihren Reports und Reportagen – und in diesen regelmäßig erscheinenden News.

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