Zoo-logisch: Was Sumatra-Tiger bedroht und wie Spinnen ihre Beute zu Leuchtködern manipulieren

Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen: Die Tier-Reporter berichten in ihren News über die Entdeckung von 40.000 neuen Gallwespenarten, gefährdete Tiger auf Sumatra und trickreiche Webspinnen. Außerdem: Tipps zu einem Buch über Tiere und den Tod sowie einem Tierpark in Schleswig-Holstein.

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Eine große schwarz-orange gestreifte Raubkatze schwimmt im Wasser und ist unschwer als Tiger zu erkennen.

Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen. So lautet das Motto der Tier-Reporter, einem Recherchekollektiv der Riffreporter.

Wie leben die anderen Tiere auf diesem Planeten? Was haben wir Menschen mit ihnen gemein? Können sie mit uns zusammenleben? Das fragen die erfahrenen Journalistïnnen des Teams, allesamt Expertïnnen für Zoologie in ihren Reports und Reportagen – und in diesen regelmäßig erscheinenden News.

Zoo-logisch – die News-Rubrik der Tier-Reporter. Heute mit folgenden Themen:

Erforscht: Sumatra-Tiger: Bedrohte Katze mit Schwimmhäuten | Entdeckt: Spinnen machen aus Beute Leuchtköder | Empfohlen: Tiere, Tod und Arche | Erfreulich: 40.000 neue Arten auf einen Schlag gefunden

Erforscht: Bedrohte Katze mit Schwimmhäuten

Sumatra-Tiger sind mit einer Schulterhöhe von maximal 75 Zentimetern und einem Körpergewicht bis zu 90 Kilogramm die kleinsten aller Tiger. Genetisch unterscheiden sie sich stark von den anderen noch lebenden Unterarten.

Ihr Fell ist dunkelorange gefärbt mit tiefschwarzen, sehr breiten Streifen, und sie besitzen einen mähnenartigen Backenbart. Die wichtigste Besonderheit aber sind die Schwimmhäute zwischen ihren Zehen. Damit können sie hervorragend schwimmen und sich auch Beute im Wasser schnappen.

Doch diese außergewöhnlichen Großkatzen, die ausschließlich auf der indonesischen Insel Sumatra vorkommen, sind stark vom Aussterben bedroht. Eine aktuell erschienene Studie in „Scientific Reports“ zeigt, dass im dortigen Ulu-Masen-Ökosystem zwischen 2020 und 2022 nur elf einzelne Sumatra-Tiger (Panthera tigris sumatrae) und keine Jungtiere von Wildkameras beobachtet wurden.

Der hohe Anteil an männlichen Tigern, die erfasst wurden, deutet darauf hin, dass in dem Gebiet Wilderei in großem Umfang stattfindet. Das mache, so die Forschenden, eine intensivere Überwachung und gezielte Schutzmaßnahmen für diese stark bedrohten Tiger dringend notwendig.

Insgesamt gebe es auf der sechstgrößten Insel der Welt geschätzt nur noch rund 400 Individuen dieser Unterart. Bis zu 70 Prozent der Sumatra-Tiger leben in ungeschützten Gebieten außerhalb der Nationalparks. Über ihren Bestand liegen nur wenige Daten vor.

Entdeckt: Spinnen machen aus Beute Leuchtköder

Als die Insel der Sirenen nahte, ließ sich Odysseus laut der Sage an den Mast fesseln und verstopfte seiner Mannschaft die Ohren. So gelang dem griechischen Held beides: Er konnte die lockenden Gesänge der Nymphen hören, ging ihnen aber nicht in die Fänge.

Ein ähnliches Problem haben männliche chinesische Glühwürmchen der Art Abscondita terminalis. Folgen sie einem Leuchtsignal, wie es für ihre Weibchen typisch ist, landen sie einer aktuellen, im Fachblatt „Current Biology“ veröffentlichten Studie zufolge nicht selten im Netz der Webspinne Araneus ventricosus. Diese Arachniden machen nämlich etwas, das im Tierreich bislang einzigartig ist: Sie manipulieren ihre Beute, um mit deren Hilfe weitere Beute anzulocken.

Hat sich ein männliches Glühwürmchen im Netz der Spinne verfangen, beißt die Spinne zu, und das Insekt ändert daraufhin sein Leuchtverhalten. Anstatt wie bisher mit zwei Segmenten des Körpers viele kurze Lichtpulse auszusenden, leuchtet nur noch ein Segment, das vereinzelte lange Lichtsignale abstrahlt.

Das entspricht dem Verhalten von Weibchen, die mit diesem Leuchtmuster Männchen anlocken. Kein Wunder, dass nun überdurchschnittlich viele weitere Glühwurm-Männchen im Netz der Spinne landen. Sie hoffen auf ein Weibchen, zappeln aber kurz darauf in der Falle.

Unklar ist bislang, wie es der Spinne gelingt, das Verhalten ihrer Beute derart zu verändern. Daiqin Li, an der Studie beteiligter Verhaltensforscher von der Hubei University, hat das Gift der Spinne im Verdacht. „Vielleicht unterbricht das Spinnengift das normale Blinkverhalten, indem es die Sauerstoffzufuhr zu den Licht erzeugenden Systemen stört“, sagte er laut New York Times.

Odysseus hätte sich gegen solche Sirenen jedenfalls nicht so leicht wehren können. Denn mit verbundenen Augen segelt es sich sehr viel schlechter als mit verstopften Ohren.

Empfohlen: Buch über Tiere und Tod

Vor Kurzem war Totensonntag. Hinterbliebene haben die Gräber ihrer Liebsten besucht und Kerzen für sie angezündet. Es ist zutiefst menschlich, um verstorbene Angehörige zu trauern. Wie aber halten es die nichtmenschlichen Tiere mit Tod und Sterben? Etwa die, die in engen Gemeinschaften leben wie wir? Trauern sie auch, haben sie Bestattungsrituale?

Diesen Fragen geht die spanische Philosophin Susana Monsó in ihrem gerade auf Englisch erschienenen Buch „Playing Possum“ nach. Sie erzählt von Walmüttern, die ihre toten Jungtiere noch wochenlang mit sich herumtragen. Und von Giraffenkühen, die sich nicht trennen können von dem Ort, an dem ihr Kalb starb.

Auch berichtet Monsó von der noch jungen Forschungsdisziplin der „Comparative thanatology“, die etwa untersucht, wie verschiedene Tierarten mit den Kadavern ihrer Angehörigen umgehen. Dabei warnt die Autorin nicht nur vor der Neigung, nichtmenschlichen Tieren ohne Belege menschliche Eigenschaften zuzuschreiben, sondern auch vor dem Gegenteil: der Weigerung anzuerkennen, dass Tiere sich ähnlich wie Menschen verhalten und ähnlich empfinden können.

In Monsós Buch finden sich nun zahlreiche Hinweise darauf, dass auch nichtmenschliche Tiere um den Tod wissen und um ihre Toten trauern. Zugegeben: ein düsteres Thema, aber ein wichtiges!

Eine Bitte haben wir an Sie: Weil wir immer mal wieder englischsprachige Bücher, Podcasts oder Filme empfehlen und jedes Mal aufs Neue diskutieren, ob unsere Leserinnen und Leser das überhaupt wollen – schreiben Sie uns doch gern eine kurze (oder auch lange) Mail an , wie Sie das finden. Mit heißem Dank!

Empfohlen: Die Arche Warder als Ausflugsziel

Im Herzen von Schleswig-Holstein ruht ein Schatz, zumindest für alle, die Tiere lieben: die Arche Warder, ein Tierpark für alte Haus- und Nutztierrassen. Auf rund 40 Hektar leben dort die vergessenen Nutztiere unserer Vergangenheit. Zum Beispiel wetterfeste Schweine wie das Blonde Mangalitza Wollschwein, das einen lockigen Pelz trägt und nur im Freien sein will. Oder das Ungarische Zackelschaf mit seinen abenteuerlich gedrechselten Hörnern, bis zu einem Meter lang.

Mit solchen Geschöpfen teilte der Mensch in Europa einst sein Leben, Nutztiere gehörten zu seinem Alltag. Nun sind viele dieser alten Rassen vom Aussterben bedroht, genau wie die Wildtierarten auf der Roten Liste. Denn niemand will sie mehr nutzen. Mit den hochgezüchteten Leistungsrassen heutiger Tage können sie sich nicht messen.

Dabei wären sie uns eine wertvolle Hilfe beim Schutz der Artenvielfalt. Weil sie robust und anspruchslos sind, leben sie ganzjährig draußen und halten Weideflächen von Bewuchs frei, schaffen Lebensraum für selten gewordene Bodenbrüter und Insekten.

Wer also einen Blick in die Vergangenheit werfen will, die im besten Fall auch eine Zukunft hat, sollte sich nach Warder aufmachen. Der Tierpark ist ganzjährig geöffnet. Ein Besuch eignet sich auch prima als Pause auf dem Weg in den Dänemark-Urlaub.

14 winzige, blasse, schlanke und geflügelte Insekten vor dunklem Hintergrund.
Forschende aus Finnland haben mit genomischen Analysen - dem sogenannten DNA-Barcoding – Tausende neuer Gallwespenarten entdeckt. Hier sind die winzigen Insekten von einem Mikroskop vergrößert.

Erfreulich: 40.000 neue Arten auf einen Schlag gefunden

Es ist ein Wettlauf, der kaum zu gewinnen ist. Die je nach Schätzung bis zu mehreren Zehnmillionen Arten, die auf der Erde existieren, sind größtenteils noch unbekannt. Sehr viele von ihnen dürften aufgrund des menschengemachten Artensterbens für immer verschwinden, bevor sie überhaupt beschrieben werden konnten.

Das Phänomen heißt auch „dunkle Diversität“. Licht in dieses Dunkel zu bringen ist von herausragender Bedeutung für das Verständnis von Ökosystemen und den Mechanismen der Evolution. Mit jeder ausgestorbenen Art geht ein einzigartiges Produkt der Natur verloren. Wir Menschen sind gerade dabei, einen gigantischen Schatz zu zerstören, bevor wir ihn überhaupt gehoben haben.

Vor allem bei kleinen, unscheinbaren Arten sind die Wissenslücken riesig. Zu messen, welche dieser Spezies existieren und wie sie in bestimmten Lebensräumen miteinander interagieren, war mit herkömmlichen Methoden unmöglich. Es ist daher erfreulich, dass finnische Forschende von der University of Oulu jetzt eine gentechnische Methode vorgestellt haben, mit deren Hilfe sich verschiedene Arten aufgrund typischer DNA-Strukturen – DNA-Barcodes genannt – eindeutig identifizieren lassen.

Wie effektiv ihre Methode ist, konnten die Forschenden bereits bei einer unscheinbaren Gruppe von Insekten zeigen. In Finnland fanden sie im Rahmen einer Masterarbeit etwa 1000 neue Arten von Gallwespen. Deren Name stammt daher, dass einige Arten ihre Eier in Blätter von Pflanzen ablegen und dort für sogenannte Gallen verantwortlich sind.

Jetzt wurde das Verfahren bei der gleichen Tiergruppe im Urwald Costa Ricas angewandt. Fast eine Million DNA-Barcodes haben die Forschenden bereits erfasst. Etwa 40.000 bis 50.000 neue Arten von Gallwespen dürften darunter sein. Die Finnïnnen werden gar nicht erst versuchen, für jede neue Art einen wissenschaftlichen Namen zu finden, geben sie unumwunden zu. Es sind einfach zu viele.

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