Zoo-logisch: Mondfisch mit Sender, Waschbären mit Tricks, Dänemark mit Küstenschutz und mehr

Banksy macht London zum Tierpark, Naturfilme kommen nach Eckernförde, Dänemark wird grüner sowie neue Studien zu Waschbären und Mondfischen. Lesen Sie die News-Rubrik der Tier-Reporter. Weil Tiere mehr Platz brauchen: auf der Welt und in unseren Köpfen.

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Blass leuchtend wie ein Mond am Nachthimmel zieht der riesige scheibenförmige Mondfisch mit seinen kleinen Flossen vor dem tiefblauen Hintergrund des Meeres vorbei.

Im Tier-Report berichten wir in aller Kürze über Tiere – mit neuer Forschung, aufregenden Entdeckungen, erfreulichen Nachrichten und Empfehlungen zu Büchern, Podcasts oder Filmen. Wer dieses Angebot kostenfrei in die Mailbox bekommen möchte, kann den Newsletter gleich jetzt bestellen.

Die Themen von heute

Erforscht: Die Wanderung der Mondfische | Entdeckt: Wie Waschbären Türen knacken | Empfohlen: Filmfestival und Banksy-Tiere | Erfreulich: Dänemark geht mit gutem Beispiel voran

Erforscht: Die Wanderung der Mondfische

Mondfische gehören zu den eigentümlichsten Fischen der Welt: Sie können bis zu drei Meter groß werden und wiegen dann über zwei Tonnen – mehr als jeder andere Knochenfisch. Wie eine riesige Frikadelle wandert der Mondfisch durch die Weltmeere. Eigentlich eine perfekte Beute, doch für Räuber sind die Riesen nicht besonders interessant.

Die schuppenlose Haut ist viele Zentimeter dick, das Fleisch hat eine gallertartige Konsistenz und gilt als nicht schmackhaft. Nur einige Haie und Orcas greifen gelegentlich Mondfische an. Die Fischerei dagegen nimmt die Tiere vor allem als Beifang wahr, und vermutlich ist das auch der Grund dafür, dass die Wissenschaft bis heute kaum etwas über diese Tiere weiß. Mondfische sind ein großes, schwimmendes Rätsel.

Vor der französischen Küste hat ein Forschungsteam um Tristan Rouyer vom Meeresforschungsinstitut Ifremer jetzt einen Mondfisch mit einem Sender versehen – und ein knappes Jahr lang seine Bewegungen verfolgt. Es ist die erste derartige Untersuchung aus dem Mittelmeer, und sie steht am Anfang einer ganzen Forschungsreihe: Warum wandern die Mondfische zwischen Atlantik und Mittelmeer hin und her? Wie orientieren sie sich, und wie spüren sie ihre Beute auf? Das sind nur einige der offenen Fragen.

Die ersten Daten zeigen, dass der Mondfisch bei der Jagd täglich tief hinabtaucht: Im Beobachtungsjahr registrierten die Forscher eine maximale Tiefe von über 1.300 Metern. Nach dem Tauchgang wärmen sich die Tiere an der sonnigen Wasseroberfläche wieder auf oder fressen dort weiter.

Bereits bekannt war die merkwürdige Jagdtechnik der Mondfische: Da ihr kleines Maul immer offen steht, können sie nicht zubeißen. Ihre Lieblingsspeise – Quallen – saugen sie deshalb ein und spucken sie zur Not wieder aus: so oft, bis die Beute in mundgerechte Happen zerteilt ist.

In dem Beobachtungszeitraum wanderte der Mondfisch vom Golfe du Lion (Löwengolf) bis zur Straße von Gibraltar. In diesem Jahr haben die Forscher weitere Tiere markiert, sie hoffen, bald mehr über die Wanderung in den Atlantik zu erfahren.

Vier Waschbären sitzen nebeneinander auf einem Holzbalken und schauen mit ihren schwarz umrandeten Augen direkt in die Kamera.
Waschbären sind nicht nur gesellig, sondern auch erstaunlich lernfähig.

Entdeckt: Wie Waschbären Türen knacken

Da kommt er, mitten in der Nacht, mit seiner schwarzen Augenbinde, die ihn aussehen lässt wie einen Panzerknacker aus Entenhausen. Er sichert kurz das Gelände, lauscht in die Stille. Dann geht alles ganz schnell. Mit der linken Pfote packt der Waschbär den Riegel einer Versuchsbox – er muss noch nicht mal hinsehen –, legt ihn routiniert um. Die Tür springt auf, und schon ist der Weg frei zum Futterhappen im Inneren der Kiste.

Ein anderer Artgenosse dagegen muss noch tüfteln. Die Versuchsbox, die da in der Wildnis von Wyoming steht und von einem US-amerikanischen Forschungsteam aufgestellt wurde, besitzt vorn und hinten je zwölf Türen, die sich auf unterschiedliche Art öffnen lassen. Mal ist der Verschluss oben angebracht, mal seitlich. Mal muss man einen Hebel umlegen, mal an einem Knauf ziehen.

Der Test soll ermitteln, wie gewieft die Kleinbären sind, um an Futter zu gelangen. Schließlich bevölkern sie zunehmend menschliche Siedlungen und machen sich an Mülltonnen zu schaffen. Auch an verschlossenen.

Das Ergebnis der Studie, die Ende Juli veröffentlicht wurde, ist aus Bürgersicht entmutigend: Die Tiere sind verdammt schlau, wenn Fressbares lockt. Sie lernen durch Versuch und Irrtum, wie man verschiedene Verschlüsse öffnet. Und jeder Lernerfolg macht sie nur noch fitter und geschickter. Wer sich eines der Videos der Studie ansieht, kann den Tieren regelrecht dabei zusehen, wie sie das Tresorknacken professionalisieren.

Unter den insgesamt 39 Testkandidaten – in der Wildnis gefangen, mit Transpondern versehen und wieder freigelassen – befanden sich allerdings auch ein paar Artgenossen, die sich die Mühe des Lernens nicht machten. Sie verlegten sich darauf, den anderen die Beute abzujagen. Und vermutlich am schlauesten verhielten sich sowieso die Waschbären, die erst gar nicht an den Testboxen aufkreuzten. Der erfolgreichste Einbrecher ist ja immer noch der, der sich nicht erwischen lässt.

Empfohlen: Naturfilme in Eckernförde

Heute möchten wir Ihnen einen Ausflug nahelegen – und zwar nach Eckernförde an der Ostsee: Dort findet vom 11. bis 15. September das „Green Screen Festival“ statt, das größte Naturfilmfestival Europas.

Das Festival ist einerseits ein Branchentreff für Filmemacherinnen und Filmemacher. Es ist aber vor allem auch eine Begegnung mit dem Publikum: Über hundert Filme laufen während der Festivaltage an zahlreichen Spielstätten in der Stadt. Sehr häufig sind die Macherïnnen anwesend und stehen nach der Vorführung für ein Filmgespräch zur Verfügung. Dieses Jahr ist übrigens auch die Riffreporterin Claudia Ruby mit einem Film über Thunfische dabei.

Online können Sie schon jetzt das Programm anschauen und Karten reservieren. Und wenn das Wetter allzu gut ist, bietet Eckernförde ein attraktives Konkurrenzprogramm: Strand, Ostsee und Natur – ganz ohne Leinwand.

Ein Nashorn ist mit schwarzer und grauer Farbe so auf eine Mauer gesprayt, dass es aussieht, als würde es ein davor palkendes Auto besteigen.
In der Nacht zum 12. August sprayte Banksy in der Westmoor Street in Charlton im Südosten Londons ein Nashorn an eine Mauer, das sich mit einem Auto zu paaren scheint.

Empfohlen: Banksy malt Tiere

Hinter dem Pseudonym Banksy verbirgt sich eine oder einer der bekanntesten unbekannten Streetart-Künstlerïnnen unserer Zeit. Viele teils politische und zeitkritische Werke entstanden über Nacht und wurden rasch berühmt. So auch Anfang August, als Banksy die Straßen Londons binnen neun Nächten in eine Mischung aus Wildpark und Kunstereignis verwandelte.

Es begann mit einer Bergziege, die stolz auf einem Stützpfeiler thront, daneben herunterfallendes Geröll. Es folgten ein Nashorn, das sich mit einem Pkw paaren möchte, Affen, die eine Brücke entlanghangeln, Pelikane, die Fische aus der Leuchtreklame eines Restaurants stehlen, zwei Elefanten, die aus den Fenstern eines Apartments lugen, ein heulender Wolf und eine Katze.

Das Portal Artnews hat eine Rangliste der Werke erstellt. Spitzenreiter ist ein Polizei-Wachhäuschen, das Banksy in ein Aquarium mit Piranhas verwandelte. Uns Tier-Reportern gefällt das vorerst letzte Werk der Serie besonders gut: Ein mächtiger Gorilla reißt gewaltsam ein Garagentor auf und entlässt Wildtiere in die Freiheit. Vögel fliegen davon. Augenpaare leuchten in der Dunkelheit. Wir dürfen gespannt sein, was für Tiere dieser Garage noch entkommen werden.

Erfreulich: Dänemark geht mit gutem Beispiel voran

Der hochgelobte „Green Deal“ der Europäischen Union hat seine Feuertaufe schon mal nicht bestanden. Kaum zogen erboste Landwirtinnen und Landwirte mit ihren Treckern nach Brüssel, wurden in fliegender Eile Umweltschutzauflagen aufgeweicht. Vor allem das Vorhaben, vier (!) Prozent der Agrarflächen stillzulegen, um sie Wildtieren und Insekten zu überlassen, blieb auf der Strecke. „Einen Todesstoß für die Biodiversität in Europa“ nannte Christoph Scherber, Leiter des Zentrums für Biodiversitätsmonitoring am Bonner Leibniz-Institut, das Einknicken der EU.

Macht Dänemark jetzt vor, wie es besser geht? Vielleicht ist es zum Jubeln noch zu früh. Aber was die dänische Regierung da vor Kurzem beschlossen hat, lässt wirklich hoffen. Ein „Grüner Deal“ soll nicht nur Dänemarks Landwirtschaft grundlegend umbauen, sondern auch die Landschaft selbst: Fast ein Zehntel der Staatsfläche – das sind rund 390.000 Hektar – werden künftig nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Sie verwandeln sich in Wälder, Moore, Feuchtgebiete und Wildnis. Und damit in Lebensraum für Wildtiere und -pflanzen aller Art.

Wo bleiben die Bauernproteste? Das ist vielleicht das Verrückteste an dem dänischen Grünen Deal: Es gibt sie nicht. Vertreterïnnen der Landwirtschaft waren genau wie Umweltschützer und Gewerkschafterinnen an dem Abkommen beteiligt und haben zugestimmt. Die Regierung wird Agrarflächen teilweise aufkaufen und die Bäuerinnen und Bauern beim klimafreundlichen Umbau ihrer Höfe steuerlich entlasten. Dafür müssen die Landwirtschaftsbetriebe ab 2030 für jede Tonne CO2, die sie emittieren, bezahlen.

Wer ein Haar in der Suppe sucht, hier ist es: Dänemark hat im EU-Vergleich die wenigsten Naturschutzgebiete. Auch ist die Ostsee entlang der dänischen Küsten in extrem schlechtem Zustand. Es wurde für das Land also allerhöchste Zeit zu handeln. Aber das gilt auch für Deutschland, das beim Ausweisen strenger Naturschutzgebiete im EU-Vergleich den drittletzten Platz belegt – von 27 Staaten. Hoffen wir, dass Dänemarks Beispiel zum Nachmachen anregt.

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