Zoo-logisch: Von der Froschsauna über bedrohte Fische zur Wildnis der Zukunft
News zu Fröschen, Fischen, Schlangen, einem neuen Buch und Katzen. Weil Tiere mehr Platz brauchen: auf der Welt und in unseren Köpfen.
Im Tier-Report berichten wir in aller Kürze über Tiere – mit neuer Forschung, aufregenden Entdeckungen, erfreulichen Nachrichten und Empfehlungen zu Büchern, Podcasts oder Filmen. Wer dieses Angebot kostenfrei in die Mailbox bekommen möchte, kann den Newsletter gleich jetzt bestellen.
Die Themen von heute
Erforscht: Sauna schützt Amphibien vor Pilzen | Entdeckt: Unscheinbare Fische ohne Lobby | Empfohlen: Schlangen-Live-Cam und Buchtipp | Erfreulich: Frieden zwischen Katzen und Möbeln
Erforscht: Sauna schützt Amphibien vor Pilzen
Was das australische Forschungsteam um den Pilzspezialisten Anthony W. Waddle gerade in einer Nature-Studie beschrieben hat, könnte sich als Meilenstein erweisen. Und zwar in der Bekämpfung eines verheerenden Hautpilzes, der die Amphibienbestände weltweit gefährdet. Schon rund 90 Lurcharten hat der Chytridpilz Batrachochytrium dendrobatidis ausgelöscht, Hunderte weitere Spezies sind massiv vom Aussterben bedroht. Und bislang scheint kaum ein Kraut gegen die todbringende Seuche gewachsen zu sein, die das wichtigste Organ der Tiere zerstört: ihre Haut, mit der sie atmen.
Nun aber gibt es offenbar einen Lichtblick, denn der Pilz hat eine Schwachstelle. Seit Längerem weiß man, dass er die Wärme nicht mag – im Gegensatz zu vielen seiner Opfer, die hohe Temperaturen zu schätzen wissen. Der Chytridpilz fühlt sich wohl, solange es in seiner Umgebung nicht wärmer wird als 17 Grad Celsius. Steigen die Temperaturen aber auf 28 Grad und höher, rafft es ihn dahin.
Und genau das machte sich das Forschungsteam um Waddle zunutze. In einem Amphibiengehege baute es kleine Wärmestuben für infizierte Goldlaubfrösche, aus denkbar einfachen Materialien: ein paar Ziegelsteine mit einem großen Loch darin und drum herum ein Gehäuse aus Folie. In diesen Bauten stieg die Temperatur rasch auf 30 Grad.
Die Frösche schienen von diesen Mini-Saunen recht angetan zu sein. Sie krochen aus freien Stücken hinein und hielten sich dort für geraume Zeit auf. Mit erfreulichem Ergebnis: Einige Frösche, die ihre Haut der Hitze ausgesetzt hatten, waren danach von der Pilzinfektion geheilt. Und: Die Hitzekuren führten offenbar auch zu einer gewissen Immunität gegen weitere Ansteckungen.
Da solche Frosch-Saunen einfach herzustellen sind und auch in freier Wildbahn errichtet werden können, erhoffen sich Waddle und Co. nun einen echten Fortschritt im Kampf gegen die Seuche, zumindest für wärmeliebende Lurcharten.
Entdeckt: Unscheinbare Fische ohne Lobby
Wären Sie ein Fisch, der in irgendeinem der zahlreichen Riffe unserer Ozeane herumschwimmt, dann sollten Sie darauf hoffen, hübsche Artgenossen um sich zu haben, die noch dazu beliebte Aquarienfische sind. Solche Fische erhalten nämlich einer aktuellen Studie im Fachblatt Science Advances zufolge die größte Aufmerksamkeit von Menschen. Sie werden deshalb intensiver erforscht und auch besonders stark geschützt.
Das Fatale dabei: Es sind in der Regel gar nicht die großen, schönen, essbaren Fische, die besonders vom Aussterben bedroht sind. Je unscheinbarer, desto gefährdeter, scheint die korrekte Formel zu sein. Besonders besorgniserregend sei, „dass Arten, die am stärksten vom Aussterben bedroht sind und am empfindlichsten auf künftige Klimaveränderungen reagieren, in der Regel weniger Forschungsaufwand und öffentliche Aufmerksamkeit erhalten“, schreiben die Autorïnnen um Nicolas Mouquet von der Universität im französischen Montpellier.
Die Forschenden haben Besuche von Wikipedia-Seiten und Erwähnungen in sozialen Netzwerken mit Bezug zu 2408 Arten riffbewohnender Fische ausgewertet sowie wissenschaftliche Datenbanken durchforstet. Anschließend stellten Mouquet und Kollegïnnen eine Beziehung zur Liste der bedrohten Arten her. Leider zeigte sich, dass eine Fischart, die den Menschen – warum auch immer – nicht sonderlich interessiert, offenbar auch weniger geschützt wird und nicht zuletzt deshalb auch besonders gefährdet ist.
Als ersten Schritt zur Lösung empfehlen die Forschenden, „unsere verzerrte Wahrnehmung der biologischen Vielfalt zu erkennen“. Dann könne man sich der wichtigen Aufgabe des Artenschutzes hoffentlich ohne jenen menschenzentrierten Blick widmen, der unscheinbare Fische klar benachteiligt.
Empfohlen: Live aus der Schlangengrube
Neugierde ist natürlich kein feiner Zug. Aber mal ehrlich: Wüssten wir nicht alle gern, was die Nachbarn daheim so treiben? Mit wem sie sich treffen? Und wann richtig die Fetzen fliegen? Wer Spaß am Spähen hat, darf sich jetzt über ein neues Angebot der California Polytechnic State University (Cal Poly) freuen. Ein Team um die Herpetologin Emily Taylor dokumentiert per Live-Kamera das Kommen und Gehen in einem Clan exzentrischer Giftspritzen mit unkonventionellen Familienverhältnissen: Hunderte oder sogar Tausende Klapperschlangen. Und die ganze Welt darf und soll zusehen.
Klapperschlangen sind viel sozialer, als oft vermutet wird. Sie betreiben sogar eine Art soziale Abfederung, die sonst eher von Vögeln und Säugetieren bekannt ist: Tiere gleichen Geschlechts und ähnlichen Alters können Freundschaften schließen. Ist ein Partner gestresst, beruhigt er sich schneller, wenn der Buddy in der Nähe ist. Trächtige Weibchen schließen sich zusammen und bleiben gemeinsam beim Nachwuchs. Außerdem überwintern die Tiere in großen Gruppen und finden sich auch unterm Jahr zusammen.
So auch an einem geheimen Platz in Colorado, wo jetzt ein „Mega-Den“ – eine Art „Schlangengrube“ – per Livestream unter weltweiter Beobachtung steht. Das Projekt verfolgt gleich mehrere Ziele. Die Forschung erfährt mehr über die Tiere in freier Wildbahn, ohne sie zu stören. Das Publikum hilft, einzelne Schlangen über ihr Schuppenmuster zu identifizieren, das so individuell wie der menschliche Fingerabdruck ist. Und wir alle können beobachten, wie sich die Tiere sonnen oder Regenwasser trinken, das sich auf den eigenen Schuppen sammelt. Wir dürfen so erleben, dass auch Schlangen ganz friedlich gemeinsam ihre Tage verbringen – und so gar nicht dem Klischee des beißwütigen Monsters entsprechen.
Empfohlen: Buchtipp
Hat die Wildnis eine Zukunft? Der Klimawandel bereite „uns die meisten Sorgen, obwohl das Artensterben die weitaus größere Gefahr darstellt“, schreibt Heinz Krimmer in seinem lesenswerten Buch „Die Wildnis der Zukunft“ (Kosmos Verlag). Das Leben auf der Erde sei so eng vernetzt, dass das Artensterben auch für den Menschen eine Katastrophe darstelle. Krimmer schildert mit vielen Bildern und anschaulichen Beispielen die Vielfalt der Biotope und Lebewesen auf der Erde – und erklärt, wie alles miteinander zusammenhängt.
Egal ob der Rotaugenlaubfrosch (Foto oben), den eine eingeschleppte Pilzerkrankung bedroht, oder die Dorsche in der Ostsee, die in sauerstofflosem Wasser ersticken: Die konkrete Gefahr wird zur allgemeinen Bedrohung. Doch erstaunlicherweise entpuppt sich der Autor als Optimist: Die meisten Arten seien nicht wegen des Klimawandels ausgestorben, sondern wegen Verschmutzung, Jagd und anderer menschlicher Einflüsse. Hier denke der Mensch aber bereits um, und viele Arten hätten längst gelernt, damit zu leben. Krimmer ist überzeugt: Die Wildnis bleibt uns einen Schritt voraus und sichert sich so schon heute ihre Zukunft.
Erfreulich: Frieden zwischen Katzen und Möbeln
Das ist doch mal selbstbewusst vorgetragen: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Studie die komplizierte und vielschichtige Natur des unerwünschten Kratzverhaltens von Hauskatzen aufdeckt.“ So lautet der abschließende Satz in einer Forschungsarbeit, die gerade im Fachmagazin Frontiers in Veterinary Science erschienen ist und Daten von 1200 französischen Katzenhalterïnnen ausgewertet hat.
Endlich, möchte man sagen, hat jemand entdeckt, warum die Stubentiger ihren Kratzbaum links liegen lassen und sich stattdessen der Bestuhlung widmen. Und was noch besser ist: Die sechs Forschenden aus vier Ländern haben auch Lösungen gefunden.
Entscheidend für das destruktive Kratzverhalten ist der Stress, den eine Hauskatze empfindet. Sie braucht dann ein Ventil, und das ist allzu oft das Krallenwetzen. Stress hat viele Ursachen. Etwa zu viel Trubel und Lärm im Haus, weshalb die Anwesenheit von kleinen Kindern laut der Studie zu gesteigertem Kratzverhalten führen kann.
Aber auch das richtige Maß an Spiel ist ein wesentlicher Faktor. Zu viele Jagdspiele können das Erregungslevel einer Katze genauso in die Höhe treiben wie zu wenige. So schreiben die Forschenden: „Regelmäßige und kurze interaktive Spieleinheiten, verbunden mit geeignetem Spielzeug, können Stress abbauen und unerwünschtes Kratzverhalten reduzieren.“ Danach sollte die Katze sich wieder ungestört zurückziehen und ausruhen können.
Ebenfalls eine Rolle spielt die Position des Kratzbaums: Er sollte in einem Bereich stehen, der von der Katze häufig aufgesucht wird, also an einem ihrer Lieblingsplätze und nicht in einer versteckten Ecke. Wogegen Katzenfreundïnnen allerdings machtlos sind, ist die Persönlichkeit ihres Haustiers. Es gibt verspieltere und weniger verspielte Individuen. Wenn also alles nichts hilft: Hauptsache, die Katz’ ist glücklich.
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Die Tierreporter
sind neun RiffReporterïnnen mit viel Erfahrung in Zoologie, Artenschutz und Tier-Reportage, die sich zu einem Recherchekollektiv zusammengeschlossen haben.