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Zoo-logisch: Neue Erkenntnisse zu Diensthunden und der einzigen Insektenart der Antarktis
Zoo-logisch: Diensthunde müssen keine Rassehunde sein, und eine Mückenart lebt in der Antarktis
Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen: Die Tier-Reporter berichten in ihren News über Forschung zu den Schädeln moderner Hunde, die einzige Insektenart der Antarktis und das erfreuliche Ergebnis der Biodiversitätskonferenz in Rom. Außerdem: Ein Film mit einer Katze in der Hauptrolle gewinnt den Oscar und Lesenswertes zum Bewusstsein von Tieren.

Zoo-logisch – die News-Rubrik der Tier-Reporter. Heute mit folgenden Themen:
Erforscht: Schädel von Hunden sind nicht an Aufgaben angepasst | Entdeckt: Insekten im Eis | Empfohlen: Oscar für eine Katze und Bewusstsein bei Tieren | Erfreulich: COP16: Finanzierung von Artenschutzplan beschlossen
Erforscht: Schädel von Hunden sind nicht an Aufgaben angepasst
Seit Zehntausenden von Jahren begleiten Haushunde den Menschen. Sie helfen ihm als Wach-, Hüte- oder Jagdhunde. Seit etwa 200 Jahren züchten Zuchtverbände zudem spezielle Rassen, die sich für einzelne Aufgaben besonders eignen sollen. So ist eine erstaunliche Vielfalt an Erscheinungsformen entstanden. Doch eine neue Studie weckt Zweifel, dass diese Vielfalt den Tieren auch beim Lösen ihrer Aufgaben hilft.
Forschende aus den USA haben 117 Schädel aus der Familie der Hunde (Canidae) vermessen, darunter 41 Haushundrassen, aber auch wilde Arten wie Wolf, Fuchs und Kojote. Das ernüchternde Resultat: Rassen, die speziell als Spür- oder Wachhunde gezüchtet wurden, besitzen keine besonderen morphologischen Anpassungen an diese Herausforderungen.
„Entgegen der landläufigen Meinung sind zweckgezüchtete Hunde morphologisch nicht besser im Beißen oder Riechen als solche, die nicht für diesen Zweck gezüchtet wurden“, lautet das ernüchternde Fazit der Forschenden.
Der Vergleich der morphologischen Daten mit den Anforderungen, wie sie britische und US-amerikanische Hundezuchtverbände an die jeweilige Rasse stellen, brachte kaum Übereinstimmungen. Natürlich gibt es einzelne Rassen, die typische Schädelformen aufweisen wie beispielsweise Mops oder Bulldogge, die zu den kurzköpfigen (brachycephalen) Rassen zählen.
Aber es lässt sich kein Zusammenhang herstellen zwischen der Schädelform und den spezifischen Aufgaben, die an Rassen gestellt werden. Deshalb empfehlen die Forschenden, dass Polizei, Militär oder ähnliche Organisationen, die Hunde einsetzen, die Tiere in Zukunft weniger nach der Rasse auswählen als nach deren Verhalten. Außerdem sollte das Hundetraining und die Ausbildung der Hundeführenden verbessert werden.
Zu einem ähnlichen Schluss kam im Jahr 2022 bereits eine viel beachtete Studie im Fachblatt „Science“. Danach lassen sich rassetypische Wesensmerkmale von Hunden kaum mit der angezüchteten, rassetypischen Genetik erklären.

Entdeckt: Insekten im Eis
Wie überlebt eine Mücke in der Antarktis? Diese Frage stellt sich, denn es gibt tatsächlich ein flugunfähiges Insekt, das den eisigen Kontinent zu seinem Lebensraum bestimmt hat. Es muss ein Ausnahmetier sein, denn bislang – so weit wir wissen –, kommt dort kein anderes Insekt vor. Die Antarktismücke (Belgica antarctica) muss also einzigartige Überlebensstrategien haben.
Welche Strategien das sind, hat nun ein internationales Team unter der Leitung der Osaka Metropolitan University in Augenschein genommen. Die Antarktismücke lebt insgesamt zwei Jahre lang und durchläuft in dieser Zeitspanne verschiedene Stadien der Entwicklung.
Im ersten Jahr tritt während des antarktischen Winters – der bis zu neun Monate dauern kann – eine Ruhephase ein. Sie wird von den Umweltbedingungen bestimmt und endet, sobald es wieder wärmer wird. Im zweiten Jahr jedoch erfolgt eine andere Art der Ruhe, eine sogenannte Diapause. Dies ist ein genetisch gesteuerter Stillstand, in dem die Weiterentwicklung der Larve zum adulten Insekt angehalten wird. Das Tier verharrt im Larvenstadium bis zum Ende des Entwicklungsstopps. Erst danach verpuppt es sich.
Damit ist die Voraussetzung für Strategie zwei geschaffen: die Synchronizität. Wie bei vielen Organismen, denen nur ganz wenig Zeit für die Fortpflanzung bleibt, müssen auch die Antarktismücken in ihrem kurzen Sommer zeitgleich schlüpfen, um sich paaren zu können. Gäbe es die Diapause nicht, gäbe es keine Synchronizität in der Entwicklung. Dann würden viele Weibchen sterben, ohne jemals Eier gelegt zu haben, da sie nur wenige Tage am Leben sind.

Empfohlen: Oscar für eine Katze
Der Film „Flow“ erzählt von einer grauen Katze, die während einer apokalyptischen Flut ihre Angst vor dem Wasser verliert – und Freunde fürs Leben findet: einen Lemuren, ein Wasserschwein, einen Sekretärvogel und einen Labrador. Am vergangenen Sonntag hat der Film den Oscar für den besten Animationsfilm gewonnen, ein paar Tage vorher den französischen César.
Das ist absolut verdient – und ebenso unglaublich. Denn hinter „Flow“ steckt kein Mega-Studio wie Pixar oder Dream Works, sondern ein 30 Jahre junger Autodidakt aus Riga: Gints Zilbalodis. Story, Musik, Kamera – fünf Jahre arbeitete er am Laptop an seinem Film, unterstützt durch ein Team junger Animations- und 3D-Künstlerïnnen aus Lettland, Belgien und Frankreich, die seine tierische Truppe zum Leben erweckte.
„Flow“ bewegt sich durch eine visuell fantastische Welt, ist voller Poesie und Emotionen, braucht gleichwohl kein einziges Wort und auch keine Menschen – von ihnen zeugen nur ein paar Ruinen. Ein ganz besonderer Film, ab ins Kino!
Empfohlen: Wissenschaft vom tierischen Bewusstsein
Dass auch nichtmenschliche Tiere Gefühle entwickeln und ein Bewusstsein haben können, gilt inzwischen als gesichert. Aber wie gelingt es, das Innenleben von Bienen, Tintenfischen oder Hühnern systematisch zu erforschen? Wie erkennen wir zweifelsfrei, dass ein Insekt so etwas wie Pessimismus kennt, ein Vogel Schmerzen empfindet oder ein Weichtier seine Handlungen im Voraus plant?
Nicht leichter macht die Sache, dass noch immer keine allgemeingültige Theorie des Bewusstseins existiert – auch nicht beim Menschen, schreiben die Philosophin Kristin Andrews von der York University in Toronto und Kollegïnnen jetzt in einem lesenswerten Perspektivartikel im Fachblatt Science. Dennoch gelänge es immer besser, das Bewusstsein von Tieren wissenschaftlich zu studieren, etwa indem man Handlungen von Mensch und Tier miteinander vergleicht.
Wenn schmerzgeplagte Masthähnchen lieber zu Futter greifen, das Schmerzmittel beinhaltet, als zu Futter ohne Medikament, dann versuchen sie wahrscheinlich, etwas gegen ihre Schmerzen zu unternehmen. Ganz so wie Menschen es tun, wenn sie sich Linderung von einem Medikament versprechen. Den Autorïnnen des Essays geht es vor allem auch darum, bei der Beurteilung tierischen Bewusstseins keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei der Beurteilung des menschlichen. Der englischsprachige Beitrag ist frei im Internet zu lesen und recht verständlich geschrieben.
Erfreulich: COP16 – Finanzierung von Artenschutzplan beschlossen
Vor vier Monaten fand im kolumbianischen Cali die internationale Konferenz zum Erhalt der biologischen Vielfalt, COP16, statt. 23.000 Delegierte aus 196 Staaten konnten sich nicht auf eine Finanzierung zukünftiger globaler Artenschutzprogramme einigen. Deshalb trafen sich die Delegierten jetzt in Rom zum „Nachsitzen“ – und das nahm ein erfreuliches Ende.
Am 27. Februar verkündete die kolumbianische COP-Präsidentin Susana Muhamad, man habe sich auf einen Finanzierungsplan geeinigt. Mehr als zwei Jahre nach Verabschiedung des wichtigen Kunming/Montreal-Weltnaturabkommens hätten sich die Staaten der Erde nun endlich „auf einen Finanzierungsfahrplan verständigt und damit die Chancen für eine wirkungsvolle Umsetzung der historischen Vereinbarung zur Bewahrung der Natur auf der Erde deutlich verbessert“, schreibt RiffReporter Thomas Krumenacker.
Bis zum Jahr 2030 sollen jährlich 200 Milliarden US-Dollar in den Artenschutz fließen – finanziert vor allem durch die wohlhabenderen Länder sowie aus privaten Mitteln. Weitere 500 Milliarden sollen durch den Abbau oder die Umschichtung von Subventionen, die der Natur schaden, gewonnen werden.
„Die Chancen, diese für den Planeten überlebensnotwendige Summe zu erreichen, sind mit Rom deutlich gestiegen“, kommentierte Georg Schwede vom Naturschutzverband Campaign for Nature. Und die von den Delegierten gefeierte COP-Präsidentin Muhamad sagte: „Wir haben dem Kunming-Montreal-Abkommen Beine, Arme und Muskeln gegeben.“
Tiere brauchen Schutz, guter Schutz braucht Wissen.
So lautet das Motto der Tier-Reporter, einem Recherchekollektiv der Riffreporter.
Wie leben die anderen Tiere auf diesem Planeten? Was haben wir Menschen mit ihnen gemein? Können sie mit uns zusammenleben? Das fragen die erfahrenen Journalistïnnen des Teams, allesamt Expertïnnen für Zoologie in ihren Reports und Reportagen – und in diesen regelmäßig erscheinenden News.
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